Ein Jahr nach Molsiris - Part 1

Teil I - der Verein, die KGaA und das liebe Geld! Das Wichtigste vorweg: Wer sich heute umfassend über Borussia Dortmund informieren möchte, kann sich ruhigen Gewissens wieder dem Sportteil seiner Tageszeitung, dem Kicker, dem Reviersport oder - wenn es denn sein muss - auch der Sportbild widmen. Die Zeiten, in denen man als Schwatzgelber Deutschlands Wirtschaftsmagazine im Dutzend abonnieren musste, um auch noch die letzte im Keller entdeckte Leiche beschrieben zu bekommen, sind glücklicherweise vorbei. Vorerst zumindest, denn obgleich Borussia Dortmund sportlich wie wirtschaftlich wieder positive Schlagzeilen macht und ein neuer TV-Vertrag der Bundesliga, das namensrechtlich vermarktete Stadion und ein neuer Hauptsponsor den Handlungsspielraum der Funktionäre erhöhen, bleibt eines immer zu beachten: Wir sind noch lange nicht durch. Die Mietzahlungen für das Stadion sind zwar - Molsiris sei Dank - derzeit auf angenehm niedrigem Niveau, sie werden nach Ablauf der Schonzeit aber auch wieder steigen, das zumindest ist der heutige Stand. Zwar bemüht man sich bei der Borussia intensiv um eine Umverteilung der Schulden, in trockenen Tüchern ist jedoch noch nichts, und zumindest wirtschaftlich lässt sich wohl erst dann ein gerechtes Fazit ziehen, wenn auch diese Kuh vom Eis ist. Doch Respekt verdienen die Geschäftsführer Watzke und Tress, ebenso wie Präsident Rauball, schon heute für das bislang Erreichte. Dass Borussia Dortmund mit der RAG einen Hauptsponsor finden würde, der mit dem BVB vertraglich in ähnliche Dimensionen vorstoßen will, wie zuvor E-ON, galt lange Zeit als äußerst unwahrscheinlich. Genauso übrigens wie die Annahme, mit dem zur Verfügung stehenden, niedrigen Etat in den nächsten Jahren eine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen zu können. Auch diese Schwarzmalerei hat sich nicht bestätigt. Trotz zahlreicher Abgänge vor Beginn der aktuellen Saison und schmerzhafter Ausfälle vor allem im Sturmzentrum der Borussia, präsentiert sich der BVB in dieser Spielzeit durchaus konkurrenzfähig und hat noch immer beste Aussichten auf das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs, mindestens des UI-Cups. Weiter als in diesen Strohhalmcup waren im Übrigen in den letzten beiden Jahren auch weitaus konkurrenzfähigere Borussenmannschaften nicht vorgedrungen. Es spricht zwar nicht unbedingt für die Qualität der Bundesliga, dass der permanent ersatzgeschwächt antretende BVB noch immer derartige Ambitionen hegen kann, doch dass wir heute - und auch in der nächsten Saison - im Westfalenstadion noch immer einer bundesligatauglichen Mannschaft zujubeln dürfen, ist zweifelsohne ein Verdienst des Vorstands, der einerseits wichtige Verträge zu verlängern wusste (Weidenfeller, Wörns, Kehl, Dede) und andererseits mit Philipp Degen, Ebi Smolarek oder zur nächsten Saison Steven Pienaar trotz schmaler Geldbörse auch gute Fußballer in die Bierstadt lotsen konnte. Gerade mit den Planungen für die neue Saison begibt man sich aber bei Borussia Dortmund auf ein dünnes Eis. Klar ist zwar, dass Ersatz für die Abgänge Koller und Rosicky dringend von Nöten ist, und ebenso klar ist es, dass der BVB mittelfristig wieder in europäischen Wettbewerben beheimatet sein sollte, um die drückende Schuldenlast möglichst schnell los zu werden. Doch einige der kursierenden Namen und die Reaktionen des schwatzgelben Anhangs zeigen auch, dass ein behutsames und besonnenes Vorgehen gefragt ist. Seit dem Führungswechsel an der BVB-Spitze präsentiert sich die Borussia als völligen Gegenentwurf zu ihrem einstigen Größenwahn. Wo früher internationale Söldner für viel Geld anheuerten, läuft heute eine ""überalterte A-Jugend über den Platz, wie es einer unserer Leser unlängst ausdrückte. Die jungen Spieler kommen an, das Image des BVB hat sich gewandelt, aber eben diese neu entdeckte Sympathie ist ein äußerst fragiles Gebilde, das nur allzu leicht zerstörbar ist. Das Beispiel Stuttgart sollte hier ein warnendes sein, die Halbwertzeit der dortigen ""Jungen Wilden"" war kaum länger als ein Trainerengagement von Lothar Matthäus. So regt sich auch in Dortmund dann ein bisschen Widerstand, wenn man als Fan vernimmt, dass mit Alexander Frei ein echter Hochkaräter auf der schwatzgelben Wunschliste steht - nicht nur sportlicher Natur, sondern auch wohl finanzieller. Man hat die Jungen halt ins Herz geschlossen und steht den teuren Legionären nunmehr skeptisch gegenüber. Beim BVB und seinen Entscheidungsträgern ist daher nun Fingerspitzengefühl gefragt. Einerseits ist unbestritten, dass der Abgang von Koller und Rosicky abgefangen werden muss. Auf der anderen Seite aber haben schon die Vorgänge der vergangenen Monate für ein paar Irritationen gesorgt. Dass der Stadionname verkauft wurde, haben viele Anhänger mit Hinweis auf die klamme Finanzsituation zähneknirschend akzeptiert, ebenso zuvor die Erhöhung ihrer Dauerkartenpreise. Dass kurz darauf der neue Bundesliga-TV-Deal bekannt gemacht wurde und wieder etwas später auch das RAG-Geschäft, hat in diesem Zusammenhang zumindest für Stirnrunzeln gesorgt, ebenso wie die Art und Weise, auf die der neue Stadionname mit der Brechstange bekannt gemacht werden sollte. Würde man jetzt zusätzlich noch die neu entstandenen Freiheiten nutzen, um erneut millionenschwere Spieler gen Dortmund zu holen, wäre dies ein denkbar schlechtes Signal für den aufopferungsbereiten Anhang. Der BVB-Vorstand ist darum derzeit in einer absurden Situation. Einerseits ist er bemüht, das Vermächtnis der Herren Niebaum und Meier zu beseitigen und die spürbaren Auswirkungen ihrer Finanzjonglage zu mildern. Andererseits aber ist der Schlüssel für ein funktionierendes Sanierungskonzept nicht zuletzt auch der sportliche Erfolg und damit eine Mannschaft mit Perspektive nach oben, die zwangsläufig gewisse Investitionen von Nöten macht. Oder anders ausgedrückt: Der Geist der Niemeierschen Herrschaft liegt auch heute, mehr als ein Jahr nach Molsiris, noch immer über Rheinlanddamm und Strobelallee. Und er lastet schwerer, als dies uns allen lieb wäre. Auch wenn wir ihn heute wieder ausblenden und stattdessen über die Abschlussschwäche der Stürmer lamentieren können. [CENTER].....[/CENTER]"""