Neue Sparsamkeit führt zu gespannter Nervosität

Beim BVB ist noch unklar, wie die Mannschaft mit dem neuen Gehaltsgefüge in der Zukunft aussehen wird / Wie entscheiden sich Ricken und Kehl? Es war kein Zufall, dass sich nach dem sonntäglichen 2:1-Erfolg der Dortmunder Borussia über den 1. FC Köln ausgerechnet Lars Ricken und Sebastian Kehl am längsten in der Mixed Zone im Bauch des Westfalenstadions aufgehalten haben, um die Fragen der Reporter zu beantworten. Nicht einmal in erster Linie, weil der eine zwei Tore und der andere fantastische Zweikampfwerte zum ersten Saisonsieg beigetragen hatten. In Dortmund wollen derzeit alle wissen, welches Gesicht die Mannschaft in der nächsten Saison haben wird, nachdem Jan Koller seinen Abschied bekannt gegeben hat als erster von vier Stammkräften, deren Verträge auslaufen. Und deshalb interessierten sich die Journalisten brennend dafür, wie Ricken und Kehl sich entscheiden werden. Seit der Kollerschen Absichtserklärung herrscht in Dortmund eine gespannte Nervosität, die sich durch Zußerungen aus den eigenen Reihen sowie aus dem Umfeld zu einer solch brisanten Stimmung verdichtet hat, dass die Beobachter zuletzt den Eindruck bekommen konnten, der BVB werde seine Mannschaft mangels Personal aus der ersten Liga abmelden müssen. So schlecht ist es um den hoch verschuldeten Revierklub natürlich nicht bestellt. ""Hier ist der Ansatz einer Talfahrt genutzt worden, um uns in ein schlechtes Licht zu rücken"", sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der ""mit so etwas gerechnet hat, weil ich weiß, welche Kräfte im Untergrund wirken"". Watzke meint alte Seilschaften, ""aber nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich die nicht näher benennen werde"". Von wem er redet, wird vorstellbar, wenn man die Statements des ehemaligen Präsidenten Gerd Niebaum liest, der sich jüngst in der Westfälischen Rundschau zu Wort meldete. Der Jurist, unter dessen verschwenderischen Zgide der BVB an den Rand des Kollapses gelangte, ist weiterhin frei von jeglichem Schuldbewusstsein: ""Wir hatten unter dem Strich mehr gute wirtschaftliche und sportliche Zeiten als schlechte."" Zur Beruhigung der Lage tragen solche Zußerungen genauso wenig bei wie die des Kapitäns Christian Wörns, der kundgetan hatte, er habe ""Bammel, dass der BVB auseinander bricht"". Nun gehört auch der Nationalspieler zu den Profis, deren Kontrakte am Ende der Saison auslaufen. Mit frühzeitigem Verlängern tut sich Wörns aber schwer, weil er derzeit rund vier Millionen Euro im Jahr verdient und bei einem Anschlussvertrag erhebliche Abstriche machen müsste. Zum Erbe, das Niebaum und der ehemalige Manager Michael Meier ihren Nachfolgern hinterlassen haben, gehören nämlich nicht nur Schulden von immer noch 90 Millionen Euro, sondern auch exorbitante Gehälter für das kickende Personal. Wobei sich der BVB im Falle Wörns in einer guten Verhandlungsposition sieht, weil er den 33-jährigen Manndecker nicht unbedingt halten will: ""Für das Geld, das wir sparen würden"", sagt Watzke, ""finden wir garantiert adäquaten Ersatz."" Und Rauball reagiert unwirsch auf Spieler, die in der derzeitigen Lage pokern wollen, ""schließlich reden wir über Profis, die so viel Geld verdient haben, dass sie nie mehr arbeiten müssen"". Zu diesem Klientel gehören auch Kehl und Ricken, mit denen neue Kontrakte abgeschlossen werden sollen. Beim Ur-Dortmunder Ricken dürfte das nur ein formaler Akt sein, und auch Kehl scheint nicht abgeneigt, sein Engagement zu reduzierten Bezügen weiterzuführen. Dennoch bleibt die Lage angespannt, weil der BVB einerseits zum Sparen verdammt ist, dabei den Fans und den Sponsoren einen attraktiven Kader präsentieren muss. Sein Verein habe die Verpflichtung, das Gehaltsgefüge von ehedem rund 60 Millionen Euro auf 24 Millionen zu drücken, sagt Rauball, ""und dem werden wir nachkommen."" Einen Wunschspieler wie Kaiserslauterns Stürmer Halil Altintop als Nachfolger von Koller zu gewinnen, dürfte bei solchen Rahmenbedingungen zum schwierigen Unterfangen werden. Noch dazu, wo auch die Schalker mitbieten, die im Revier längst die ehemalige Dortmunder Rolle eingenommen haben und statt des BVB mit dem Scheckheft wedeln.