Dieses Kribbeln im Bauch....
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"...das man nie mehr vergisst. Als wenn man zu viel Brausestäbchen isst. Dieses, zugegeben recht simple, Lied von Pe Werner musste ich früher oft über mich ergehen lassen, wenn meine Mutter beim Hausputz WDR 4 hörte. Das Ganze in einer Lautstärke, bei der sie mir wiederum in schöner RegelmäÃigkeit ein ""mach das Geschredder leiser"" zurief. Und auch wenn meine Mutter das jetzt entschieden verneinen würde, ich weià genau Pe Werner singt über FuÃball. Genau dieses Gefühl setzt nämlich langsam wieder bei mir ein. Bei einem Blick auf den Kalender, bei einem Blick auf die Pinwand mit der Karte - die Sängerin beschreibt das Gefühl ""Derbyfieber"". Natürlich sind es bis zum 04.02. noch zwei Wochen hin und vorher steht Wolfsburg auf dem Programm. Aber sein wir mal ehrlich, Wolfsburg als Gegner hat den Charme eines Altpapiercontainers. Man freut sich auf das Spiel, weil die Winterpause vorbei ist und es endlich wieder Borussia live und in Farbe im WESTFALENSTADION gibt. Dann fährt man da einen Dreier ein und zwei Tage später fragt man sich schon wieder welche Farben die Trikots der Wolfsburger eigentlich hatten. Das Derby ist da etwas ganz anderes. Der Gegner ist nicht gerade charmanter als die Wolfsburger, das Gesindel rangiert auf der Beliebtheitsskala schlieÃlich noch hinter der anrückenden Geflügelgrippe, aber das Spiel hat einfach was. Bei keinem anderen Bundesligasieg ist die Freude und bei keiner Niederlage die Enttäuschung gröÃer. Es geht gegen den Erzrivalen, gegen die BlauweiÃen. Immer öfter in den letzten Tagen erwische ich mich dabei, dass meine Finger wie von alleine FIFA 06 starten und automatisch die Paarung BVB - Herne West auswählen. Stets aufs Neue wird das Gesindel aus dem Stadion geschossen: 5:1, 4:0 oder gar 6:1 lauten die Ergebnisse für unsere glorreiche Borussia und es macht jedes Mal wieder Spaà das Leder im Kasten der Rost-Bratwurst zu versenken. Ich denke auch immer öfter zurück an frühere Derbys, an Tore von Susi Zorc, Lars Ricken und Ruben Sosa im Packstadion und ganz besonders gerne an den 14.05.05. Wenn ich zurückblicke, erscheint mir das wie der Liebste aller erlebten Derbysiege. Nicht nur das die Erinnerung viel präsenter ist, an diesem Tag passte einfach alles. Eine kurz vorher noch totgesagte Borussia stürmte mit Leidenschaft und Kampfeswille einen zur Festung hochstilisierten Blechverschlag in Gelsenkirchen. 7 Jahre war es her, dass man den letzten Derbysieg gefeiert hatte. Dazwischen schwarze Schandflecke in der BVB-Historie wie ein 0:4 im heimischen Tempel. Da waren in der Turnhalle sicherlich junge Schwatzgelbe anwesend, die niemals vorher einen Derbysieg live erlebt haben. Das darf es einfach nicht mehr geben! Es war einfach herrlich. Kehl mit einem wuchtigen Kopfball zum 1:0, Weides Glanzparaden bringen Lincoln fast um den Verstand und der Urborusse Lars Ricken erzielt den 2:1 Siegtreffer. Momente die man nicht mehr vergisst. Ich gebe ganz offen zu, dass ich von den letzten 10 Minuten nichts mehr gesehen habe. Ich habe meinen Kopf hinter dem Rücken meiner Frau vergraben und auf den SchluÃpfiff gewartet. Ich konnte nicht mehr mit ansehen wie sich die Zeiger der Uhr quälend langsam in Richtung 17.18 Uhr und somit dem ersehnten Schlusspfiff entgegen schoben und auch nicht wie das Gesindel zum finalen Angriff ansetzte um uns doch noch den Sieg zu entreiÃen. Diese Angst, dass der Ball doch noch seinen Weg in unser Tor findet und es nur zu einem Unentschieden reicht. Wie bin ich zusammengezuckt, als alles in schwarzgelb um uns herum entsetzt aufschrie, weil einer der Blauen aus aussichtsreicher Position zum Schuà ausholte, alles gebannt den Ball verfolgte und erleichtert aufseufzte als der Ball von der Latte ins Toraus flog. Mir ist das Herz fast in die Hose gerutscht und ich habe meinen Kopf nur noch tiefer hinter dem Rücken der besten Ehefrau von allen (sorry Herr Kishon, in diesem Punkt haben Sie sich geirrt) vergraben. Dann der Abpfiff und grenzenlose Erleichterung. Ein Getobe und Geschreie im Gästeblock, in den Himmel gereckte Fäuste. Von den zig Leuten mit denen man sich danach in den Armen lag, kannte ich gerade mal zwei. Der Mannschaft schien es nicht anders zu gehen. Sie tollten auf dem Rasen herum, Weide trug Rosicky auf den Schultern und sie hüpften jubelnd vor dem Gästeblock herum. Einfach pure Freude und Stolz auf das Erreichte. Nie hat das Siegespils auf dem Weg zum Parkplatz besser geschmeckt, dabei im Chor Jubelgesänge geschmettert und sich die schlumpfartigen Gestalten angeschaut, die niedergeschlagen den StraÃenrand entlang krochen. Das tat unheimlich gut. Endlich mal wieder erhobenes Hauptes das Derby verlassen, die Enttäuschung in den Herner Fratzen zu sehen und ein lautes "Wir ham den Derbysieg" zu gröhlen, während das Pack kleinlaut versuchte so schnell wie möglich das eigene Auto zu erreichen um den Ort der Schande zu verlassen. Ãber allem lachte ein blauer Himmel und freudige Derbysiegersonnenstrahlen lieÃen selbst die hässliche Kloake Gelsenkirchen in einem freundlichen Licht erscheinen. Ãbrigens sehr bezeichnend: Als Meier die existenzbedrohliche Lage für den BVB verkündete war es ein grauer, trister und völlig verregneter Tag. Der Molsiris- Montag war genauso, unablässig fielen dicke Tropfen vom Himmel. Beim Derbysieg lachte die Sonne und tat ihr Bestes um den Jubelfeiern einen würdigen Rahmen zu geben. Ich bin mir sicher, irgendeiner aus dem Führungsgremium da ganz oben ist mit ganzem Herzen Borusse und sorgt für das passende Wetter. Abends lag ich dann im Bett. Leicht angetrunken vom Gerstensaft und schwer angetrunken von schwarzgelber Glücksseeligkeit. Noch einmal die wichtigsten Szenen des Spiels Revue passieren gelassen und sich auf den Morgen nach dem Derby gefreut. Auf der Arbeit endlich mal wieder derjenige sein der lacht und verächtlich auf den Derbyverlierer herablächelt. Alles in allem war das ein Gefühl, dass einem altbekannt vorkam, aber fast in Vergessenheit geraten war- so fühlt sich nur ein Derbysieg an. Wenn man dieses Derbysiegergefühl einmal hatte, will man es immer wieder haben und ich bin mir sicher, dass dieses Kribbeln im Bauch - das Derbyfieber- nichts anderes ist als eine Entzugserscheinungen. Kurz vor dem Derby meldet sich der schwarzgelb infizierte Körper und schreit nach einer neuen Dosis Derbysieg."""