Wie uns der Fußball-Alltag wieder eingeholt hat

Vielleicht wird er ja auch heute wieder eingewechselt - unter dem Jubel der Fans, die ihn auf der rechten Seite lossprinten sehen wollen.Und dennoch würde nichts mehr so sein, wie es mal war. Wie kein anderer Spieler stand David Odonkor bei der WM für das Aufbrechen zu neuen Ufern. Bevor Jürgen Klinsmann ihn aus heiterem Himmel berief, hatte den BVB-Stürmer keiner auf der Rechung. Als er dann gegen Polen eingewechselt wurde, kam dies einer Zäsur bei den Titelkämpfen gleich. Odonkor war fortan das Synonym für unverbrauchte Energie, Frische und Risikobereitschaft.Der wohl emotionalste Moment der WM ist denn auch untrennbar mit seinem Namen verbunden: Als seine Flanke von Oliver Neuville in der Nachspielzeit zum 1:0 gegen Polen verwandelt wurde, stand ganz Deutschland Kopf, und die Bilder des jubelnden Odonkor, der seinem Trainer in die Arme sprang, gingen um die Welt.Warum die Erinnerung daran?Nun, David Odonkor ist bekanntlich gerade von Dortmund an Betis Sevilla verkauft worden, nach den beiden Länderspielen gegen Irland und San Marino wird er Deutschland verlassen. Was natürlich nicht bedeutet, dass er für Fußball-Deutschland verloren ist. Aber man wird das Gefühl nicht los, dass irgendetwas doch mit ihm geht. Dass ausgerechnet Odonkor, der neue Liebling der Massen, gleich nach der WM abgeschoben werden würde - mal ehrlich: Wer hätte damit gerechnet? Aus Dortmund verlautet, der Transfer mache Sinn - sportlich, weil der Stürmer nicht ins Trainerkonzept passe und wirtschaftlich sowieso angesichts von 6,5 Millionen Euro Ablöse. Da zählen kein Sentimentalitäten.Und wie reagierte Fußball-Deutschland? Schweigend, achselzuckend. Nicht mal ""Bild"" regte sich auf. Man ging zur Tagesordnung über. Heute sind Punkte bei der EM-Qualifikation gefragt. Und der Sommer mit WM und Odonkor ist nicht mehr als eine schöne Erinnerung.