Watzkes Zeit der Leiden auf der Tribüne

Jede Niederlage im Derby tut weh. Doch die erste Pleite in der ""Arena"" seit 2001, die erst zweite insgesamt, war besonders schmerzhaft, weil sie spätestens in der 47. Minute besiegelt war. Die restlichen 45 Minuten einschließlich Nachspielzeit erlebten die schwarzgelben Sympathisanten mit versteinerten Mienen auf der Tribüne, während der Schalker Anhang verbal Salzsäure in die Wunden schüttete und höhnte: ""Keine Punkte, keine Fahne, BVB..."" [B]Tabellensituation:[/B] Noch nie war der Tabellenfünfte schwächer als in diesem Jahr. Und dennoch steht der BVB auch nach dem 16. Spieltag nicht auf einem UEFA-Cup-Rang, sondern reiht sich ein in eine Gruppe von sieben Klubs, die - nachdem sich die Spreu vom Weizen (Bremen, Schalke, Stuttgart und München) getrennt hat - bis zum Saisonende um einen freien Platz rangelt. Mit 22 Punkten hat der BVB als Tabellenachter zwei Zähler Rückstand auf den Fünften Hertha BSC Berlin. Nur mit einem hohen Sieg gegen Leverkusen (drei Tore Unterschied) sowie einem Remis zwischen Berlin und Frankfurt und keinem Bielefelder Erfolg gegen Schalke könnten die Borussen noch auf Platz fünf überwintern. [B]Statistik zum Spiel:[/B] Der BVB war zweikampfstärker (54%), hatte deutlich mehr Ballbesitz (59%) und gab auch nur drei Torschüsse weniger ab als der Gegner (20). Trotzdem setzte es die höchste Saisonniederlage. Erstmals seit Februar 2005 lag der BVB beim 1:3 in Gelsenkirchen zur Halbzeit (0:2) eines Bundesligaspiels mit mehr als einem Gegentor im Hintertreffen. Sahin hatte mit 113 die meisten Ballkontakte und fast genauso viele wie Tinga und Kringe zusammen. Letztgenannter war zumindest Borussias zweikampfstärkster Spieler in der Arena (67%). Amoah schoss vier Mal aufs Tor und damit ein Mal mehr als in den vorhergegangenen fünf Einsätzen zusammen. [B]Stimmen & Hintergründe:[/B] Ohne Wörns (erkrankt), Kruska (gesperrt), Kehl und Ricken (beide verletzt) ging der BVB ins 128. Revierderby gegen den FC Schalke 04 und zeigte über weite Strecken eine durchaus überzeugende Spielanlage. Doch das große Manko der Saison war weiterhin offensichtlich: Es fehlten der Zug zum Tor, die Präzision beim letzten Pass und die Entschlossenheit im Abschluss: Tinga brachte aus aussichtsreicher Position nur ein Schüsschen zustande (8.), Frei fand mit einem Drehschuss im blitzschnell reagierenden Schalker Torwart Neuer seinen Meister (29.). ""Es ist das alte Lied: Es fehlen die zwingenden Torchancen"", haderte Florian Kringe. ""Ein bitterer Tag. Dabei haben wir so gut angefangen"", klagte Hans-Joachim Watzke. Und Dr. Reinhard Rauball pflichtete ihm bei: ""Wir standen sicher, haben von hinten über Sahin das Spiel in die Hand genommen und Akzente gesetzt in der Offensive. Das war anders als zuletzt."" Anders als zuletzt war jedoch auch das Abwehrverhalten. Ein Foul von Frei gut 30 Meter vor dem eigenen Tor an Rafinha war der Ausgangspunkt. Pander schlug den Ball von der halbrechten Seite scharf in den Strafraum, Kuranyi löste sich von Brzenska, der hinterher hastete, ebenso aber wie der Schalker nicht mit dem Kopf an den Ball kam, der stattdessen unberührt im Eck einschlug. Weidenfeller sah dabei nicht gut aus. Aber war es ein Fehler des auch in dieser Saison so bärenstarken Torhüters? Eher nein. Darauf zu spekulieren, dass Kuranyi/Brzenska dem Spielgerät keine Richtungsänderung mehr geben würden und sich in die bedrohte Ecke zu stellen, wäre naiv gewesen. ""Ich musste abwarten, was mit dem Ball passiert: Was ist, wenn der Stürmer noch mit dem Kopf dran kommt?"", so Weidenfeller. Noch eindeutiger die Versäumnisse der Feldspieler beim zweiten Gegentor. Brzenska, von Rodriguez laut DSF behindert, hatte Kuranyi aus den Augen verloren und keiner der Kollegen das Loch gestopft. Der Schalker stand mutterseelenallein und konnte sich sieben Meter vor der Linie die Ecke aussuchen. ""Wirklich dämlich"", nannte Kringe die Entstehungsgeschichte der ersten beiden Gegentreffer. Nicht viel klüger hatten sich Einzelne auch beim dritten und entscheidenden Schalker Tor verhalten. Amoah spielte unbedrängt einen Fehlpass auf Kuranyi. Und dann konnten die Schalker ihre bekannte Konterstärke ausspielen: Lövenkrands lief Degen davon und schob zum 3:0 ein - keine 90 Sekunden nach Wiederanpfiff war das Derby entschieden. Dabei hatte Kringe auf einen Treffer auf der anderen Seite und den damit einher gehenden ""psychologischen Vorteil"" gehofft. So aber musste er konstatieren: ""Mit dem 3:0 war das Spiel gelaufen."" Watzke erklärte: ""Es tat weh, eine zweite Halbzeit erleben zu müssen, in der es keinerlei Hoffnung mehr gab."" Immerhin gab es zwei Lichtblicke: Nuri Sahin überzeugte abermals, was den Youngster allerdings nicht zufrieden stellen konnte, ""schließlich habe ich nicht meinen Teil dazu beitragen können, dass wir die nötigen Tore schießen"". Sehr erfreulich verlief zudem das Comeback von Christoph Metzelder. ""Was er gezeigt hat, war sehr ansprechend. Mit ihm kam Ruhe ins Spiel"", bestätigte Rauball. Metzelder selbst freute sich, ""dass ich diese halbe Stunde bekommen habe. Denn nur Bundesliga-Spielpraxis bringt einen Spieler nach vorne.""