Vieles hui, nur wenig pfui
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"In der Politik ist es üblich, dass nach den ersten 100 Tagen im Amt eine erste Bilanz gezogen wird, und auch im Fußball setzt sich dieser Brauch langsam fest. Jürgen Klopp, seit dem 1. Juli 2009 und damit mittlerweile seit genau 101 Tage beim BVB beschäftigt, muss sich vor seinem Premieren-Zeugnis im ""Pott jedoch - im Gegensatz zu so manch anderem Trainerkollegen aus der Bundesliga - nicht vor seinem ersten Zeugnis fürchten. Der frühere Mainzer, der vor seiner Amtsübernahme ""Vollgas-Veranstaltungen"" und Tempofußball versprach, setzte seine Ankündigungen weitestgehend in die Tat um und brachte die Schwarz-Gelben schon in den ersten drei Monaten seiner vorerst auf zwei Jahre festgelegten Amtszeit in Dortmund ein gutes Stück voran. In insgesamt elf Pflichtspielen verließ das Team des 41-Jährigen nur zweimal als Verlierer das Feld, holte ansonsten sechs Siege und drei Unentschieden. In der Meisterschaft, wo der Klub derzeit punktgleich mit Schalke auf Rang sechs liegt, und im Pokal hat der BVB noch alle Chancen, einzig das äußerst unglückliche Aus im UEFA-Cup gegen Udinese Calcio trübt die Bilanz. Doch nicht nur die Ergebnisse sprechen für die Arbeit von Klopp, sondern viel mehr noch, wie sich die Mannschaft, die sich zu großen Teilen aus Spielern zusammensetzt, die bereits im Vorjahr für die Dortmunder kickten, präsentiert. War der BVB in der letzten Saison häufig nur eine Ansammlung von Einzelspielern, die zwar über Potenzial verfügten, dieses jedoch nur selten abriefen, steht mittlerweile wirklich ein Team auf dem Platz, in dem - so platt es auch klingt - jeder für jeden zu laufen scheint. Der Teamgeist, im Fußball oft beschworen, aber selten wirklich erreicht, ist weitestgehend intakt. Dazu gibt es klare Hierarchien. Vor allem, weil wichtige Akteure wie Roman Weidenfeller und Alex Frei nach ihren langen Verletzungen frühzeitig ihre Form fanden und sich von Woche zu Woche näher an ihre Form vergangener Jahre heranarbeiten. Aber auch, weil etwa Tamas Hajnal von Beginn an auf eine Führungsrolle pochte und diesen Anspruch zuletzt mit starken Leistungen untermauerte. Außerdem schaffte es Klopp, aus fast schon abgeschriebenen Spielern, wie etwa Nelson Valdez oder Robert Kovac, wichtige Stützen zu machen. Während der Paraguayer mittlerweile nicht nur durch seinen enormen Einsatz, sondern auch vermehrt durch eine gesteigerte Effizienz auf sich aufmerksam macht, hat sich auch der 34-jährige Innenverteidiger nach seiner schwachen letzten Saison wieder gefangen und sorgt nicht mehr für Kopfzerbrechen bei den Anhängern. Im Gegenteil: dank seines starken Stellungsspiels und seiner Abgebrühtheit entwickelte er sich in den letzten Partien zum Ruhepol der Viererkette. Den größten Entwicklungssprung dürfte jedoch Jakub ""Kuba"" Blaszczykowski vollzogen haben. Der Pole, vor der letzten Spielzeit schon als ""kleiner Figo"" angekündigt, ist zu einer festen und nicht mehr wegzudenkenden Größe im Dortmunder Mittelfeld herangewachsen. Der 22-Jährige glänzt mit seinem Tempo, seinem Spielwitz und seinem unermüdlichen Einsatz. Wirkte der Nationalspieler früher verschlossen, öffnet er sich mittlerweile deutlich - auch das ein Verdienst von Klopp, der erfolgreich am Selbstbewusstsein des Talents arbeitete. Doch bei allen positiven Aspekten darf nicht verschwiegen werden, dass längst noch nicht alle Probleme der letzten Jahre beseitigt wurden und noch viel Arbeit vor dem früheren ""TV-Bundestrainer"" liegt. Rückschläge werden kommen, das weiß auch Klopp und arbeitet dementsprechend daran, der Tffentlichkeit Realismus einzuimpfen. Denn noch ist sein Team nicht ausreichend gefestigt, aber auch noch nicht breit genug aufgestellt, um eine Saison auf konstant hohem Level zu absolvieren. Gerade bei jungen Spielern, wie Neven Subotic und Marcel Schmelzer, gehören Leistungsschwankungen zum Entwicklungsprozess dazu. Zudem ist man noch zu abhängig von Leistungsträgern wie Hajnal, Frei oder auch Sebastian Kehl, der bislang zwar eine eher schwache Runde spielt, aufgrund seiner Leader-Qualitäten aber dennoch nicht wegzudenken ist."""