DFB-Studie "Fußball unterm Hakenkreuz" vorgestellt

60 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur stellt sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem finstersten Kapitel seiner 105-jährigen Geschichte. Am 13. September wurden in Berlin die Ergebnisse einer Studie zur Verbandshistorie zwischen 1933 und 1945 vorgestellt. Das 473 Seiten umfassende Werk der Historiker Nils Havemann und Klaus Hildebrand trägt den Titel "Fußball unterm Hakenkreuz - Der DFB zwischen Sport, Politik und Kommerz". Beim 100-jährigen Verbandsjubiläum im Jahr 2000 hatte es Kritik gegeben, dass der DFB die dunklen Jahre des Dritten Reiches ausgespart hatte. 2001 war dann die Studie vom DFB in Auftrag gegeben worden. Autor Havemann zeichnete in seinem Werk, das als Buch vertrieben wird, "ein vielschichtiges Bild" von der Rolle des DFB in der Zeit des Nationalsozialismus. Vor allem in den ersten Jahren der Diktatur habe der Verband eng mit den Nazis kooperiert, später habe die Begeisterung des DFB an dem System aber abgenommen. Jüdische Mitglieder wurden ausgeschlossen, später ermordet. Es gebe in der deutschen Geschichte "keinen schmählicheren Verstoß" gegen alle Regeln des Sports und der Menschlichkeit, sagte Bundesinnenminister Otto Schily. "Ich bin froh, dass nun eine unabhängige Studie zur Vergangenheit unseres Verbandes vorliegt, die weder schönt noch in Bausch und Bogen verdammt", sagte der Geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger und sprach von einer Pflicht des Verbandes. "Die heutige Veröffentlichung soll kein Schlussstrich ziehen, sondern ein Anfang sein", betonte Zwanziger, der einräumte: "Es wäre möglicherweise besser gewesen, sich bereits im Buch zum 100-jährigen DFB-Jubiläum im Jahr 2000 intensiver darum zu kümmern." Der Verband aber wollte gerade vor der WM im eigenen Land den Fehler nicht ein zweites Mal machen. Auch Schily begrüßte die Aufarbeitung, auch wenn die fast zu spät komme: "Aber ist es ein Grund, es nicht zu tun, weil es die Vorgänger versäumt haben?" Die Studie zeigt laut Hildebrand, "dass der DFB - wie andere Organisationen auch - im Ansehnlichen wie im Unansehnlichen, im Guten wie im Bösen untrennbar in die nationalsozialistische Diktatur verwoben war". Das sei eine traurige Tatsache, der man sich aber stellen müsse, erklärte Schily. Vor allem auch in der Jugend- und Vereinsarbeit will der DFB die Studie nutzen, um seiner gesellschaftlichen Funktion nachzukommen. "Wir wollen nicht nur Fußball spielen", unterstrich Zwanziger mit Hinweis auf sechs Millionen Verbandsmitglieder und 40 Millionen Fans. Zwanziger kündigte weitere Maßnahmen an. Im Mittelpunkt steht die Stiftung des Julius-Hirsch-Preises für Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit sowie gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Diskriminierung. Der mit 20 000 Euro dotierte neue Preis erinnert an den siebenmaligen jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch, den die Nationalsozialisten im Konzentrationslager Auschwitz ermordet hatten. Eine Jury, in der Schily mitarbeiten will, soll jährlich über den Preisempfänger entscheiden. Erster Preisträger ist nach einem Beschluss des DFB-Präsidiums der FC Bayern München, der die Auszeichnung am 9. Dezember auf einem außerordentlichen DFB-Bundestag in Leipzig erhalten soll. Die Fußballer dieses Clubs hätten sich im "Dritten Reich" wie kaum andere Sportler so lange den Vereinnahmungsversuchen der NSDAP-Mitglieder widersetzt, sagte Zwanziger. Und auch in der Gegenwart setzen die Bayern klare Zeichen gegen Fremdenfeinlichkeit und Antisemitismus. So hatte der deutsche Rekordmeister am 25. Juli ein so genanntes Friedensspiel zwischen seiner U 17-Mannschaft und einer israelisch- palästinensischen Jugendauswahl ausgetragen.