Bierhoff fordert Liga zum Umdenken auf

Nach dem wachsenden Erfolg von Jürgen Klinsmanns WM-Projekt hat Oliver Bierhoff die Fußball-Bundesliga eindringlich dazu aufgefordert, den Weg des Bundestrainers nachzuahmen. "Wenn sie das nicht annimmt und weiter Dornröschenschlaf hält, wird es schwer", erklärte der Nationalmannschafts-Manager in Berlin. Etliche Bundesliga-"Macher" reihten sich nach dem 2:0-Erfolg gegen Schweden zumindest schon verbal in den Jubel um die "Klinsmänner" und die neue Philosophie des Bundestrainers ein. Nach dem Einzug der DFB-Auswahl ins Viertelfinale rechnete Bierhoff mit den vielen Skeptikern in den Vereinen ab. "Der deutsche Fußball stand häufig für Rumpelfußball. Wir haben es in den zwei Jahren mit Maßnahmen, die scharf kritisiert wurden, geschafft, jungen Leuten Selbstvertrauen zu geben und Spieler aufzubauen, die in ihren Clubs nicht zum Zuge kamen", sagte der Ex-Nationalspieler. Von Genugtuung aber wollte Bierhoff nicht sprechen. Man könne seitens der Sportlichen Leitung der Nationalelf nicht direkt auf die Profi-Clubs einwirken, bedauerte Bierhoff. Aber er hoffe, dass Trainer und Manager in den Vereinen "das positive Feedback der Spieler" aufnehmen. Man müsse zudem grundsätzlich dafür sorgen, "dass wir den Schwung durch die WM allgemein für den deutschen Fußball nutzen, gerade für den Jugendfußball". Die Clubs sollten die offensive Spielausrichtung und die neuen Trainingsmethoden der Nationalmannschaft aufnehmen, mahnte Bierhoff an. "Man muss individuell trainieren, das wird noch zu wenig gemacht. Alles wird zu sehr über einen Kamm geschoren." Ein "schnelles Pass-Spiel" und eine "offensive Ausrichtung" seien unerlässlich, stellte Bierhoff kategorisch fest: "Das ist wichtig, auch für die Attraktivität der Liga und den internationalen Erfolg." DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder bedauerte ebenfalls, "dass die Philosophie, die Klinsmann und Konsorten eingeführt haben", in der Bundesliga bislang keine Nachahmer gefunden habe. Bierhoff berichtete, dass er nach dem 2:0-Erfolg gegen Schweden einen Anruf von Bayern-Manager Uli Hoeneß erhalten habe, dem Sprecher der in Krisenzeiten unter Klinsmann wiederbelebten "Task Force" der Bundesliga. "Er hat uns gratuliert. Er hat sich sehr gefreut", berichtete Bierhoff. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zollte öffentlich Lob: "In den ersten 30 Minuten hat die deutsche Mannschaft ein unglaubliches Tempo vorgelegt und toll gespielt. In der zweiten Hälfte hat sie das Spiel sicher kontrolliert. Das war sehr gut." Der Trainer des VfB Stuttgart, Armin Veh, staunt nicht nur über die "sensationelle Verfassung" der Mannschaft: "Das Spiel war das Beste, was ich in den vergangenen zehn Jahren von einer deutschen Mannschaft gesehen habe." HSV-Coach Thomas Doll verteilte ebenfalls Komplimente: "Die Mannschaft hat als echtes Team agiert." Die ehemaligen DFB-Cheftrainer Berti Vogts und Rudi Völler zollten ihrem Nachfolger Klinsmann ebenfalls höchstes Lob. "In den letzten fünf, sechs Jahren gab es keine Mannschaft, die so gut gespielt hat wie unsere in den ersten 45 Minuten. Das Resultat für die Schweden ist noch schmeichelhaft", schwärmte Vogts. Völler traut dem Team 2006 vier Jahre nach der Vize-Weltmeisterschaft unter seiner Regie sogar den ganz großen Wurf zu: "Mit der Leistung der ersten Halbzeit kann man alles erreichen. So ist alles möglich."