Die Rückkehr des Fußballgottes

Es war die 16. Spielminute im ehrwürdigen Old Trafford - der Heimspielstätte von Manchester United: Im Halbfinale der Champions-League Saison 1996/1997 liegt BVB -Torwart Klos bereits geschlagen im Boden, als Jürgen Kohler den fast schon sicheren Treffer durch Cantona verhindern kann. Siebzehn Minuten später köpft selbiger Kohler einen Torversuch von Cole gerade noch von der Linie - die Geburtsstunde des schwarz-gelben Fußballgotts... Seit diesem denkwürdigen Tag besitzt Jürgen Kohler im Ruhrgebiet absoluten Kultstatus. Als Kohler fast fünf Jahre nach dem ""Spiel seines Lebens im Old Trafford dann im Westfalenstadion von seiner aktiven Fußballlaufbahn verabschiedet wird, kommt es zu einem tränenreichen Abschied. Neunzig Minuten später ist der BVB dann zum sechsten Mal Deutscher Meister. Weitere vier Tage später wird Kohler im Uefa-Cup Endspiel von Rotterdam zur tragischen Figur und bekommt für eine Notbremse an Jon Dahl Tomasson die Rote Karte - ausgerechnet in seinem allerletzten Spiel! Seither ist viel passiert. Die großen Zeiten beim BVB sind längst den Erinnerungen an frühere Triumphe gewichen und der Fußball-Gott selbst ist nach seinen Posten beim DFB (U-21 Trainer 2002-2003) und dem verunglückten Management bei Bayer Leverkusen (Sportdirektor (2003-2004) mittlerweile Cheftrainer beim abstiegsbedrohten MSV aus Duisburg. Das dritte Spiel des neuen Jahres führte Kohler nun ausgerechnet nach Dortmund ins Westfalenstadion - an die Stätte wo er sieben schöne Jahre erlebte und wohl seine größten Erfolge als Vereinsspieler. Als Kohler gegen 18:40 Uhr zusammen mit seinen Spielern aus dem Bus steigt, schaut er sich vorsichtig um. In den Katakomben des Westfalenstadions kennt er jeden noch so kleinen Winkel - jeder Schritt ist eine Erinnerung an alte Zeiten, als er an eben selber Stelle die Mannschaftskapitäne von Real Madrid oder dem AC Milan zum ersten Shake-Hand empfing. Ein paar Minuten später betritt Kohler zusammen mit seinen Spieler den Rasen des Westfalenstadions und noch ehe sich die versammelte Fotographen-Schar vor Kohler aufbauen kann schallen bereits die ersten Begrüßungschöre von den Rängen nieder. "" Jürgen Kohler Fußballgott"" hallt es immer wieder von der bereits gut gefüllten Südtribüne. Doch irgendetwas ist anders. Noch ehe eine ganze Stunde vergeht wird aus dem Idol Kohler der Gegner Kohler. Mit größtem Engagement peitscht der Weltmeister von 1990 seine Spieler nach vorne - gar ein Auswärtssieg scheint für Kohlers Duisburger möglich - ehe Brzenska und Rosicky den BVB auf die Siegerstraße bringen. Noch bevor der gebürtige Kurpfälzer in der anschließenden Pressekonferenz von (s)einer besseren Mannschaft (Duisburg) spricht, dominiert im Stadion längst die Freude über den wichtigen Sieg über die Erinnerungen an alte Zeiten. Unten auf dem Rasen wird nicht mehr der einstige Weltklasse-Verteidiger Kohler gefeiert, sondern der erst 21-jährige Markus Brzenska - seines Zeichen auch Verteidiger, Torschütze und momentan größte Nachwuchshoffnung in der BVB-Defensive, längst auf den Spuren seines berühmten Vorgängers unterwegs. Denn dreieinhalb Jahre nach dem bewegenden Abschied des Fußballgotts, hat sich in Dortmund vieles verändert. Während der einstige Fußballgott mittlerweile auf der Trainerbank des Gastes Platz nimmt, schlüpft eine neue Generation guter und hoffnungsvoller BVB -Verteidiger in die schwarz-gelben Trikots. Sie tragen die schwarzgelben Hemden mit genau derselben Ehrfurcht und demselben Stolz, wie es einst ein Jürgen Kohler tat und das sollte Mut machen. Mut für den weiteren Weg des Umbruches und Hoffnung in eine junge, talentierte Mannschaft. Da unten auf dem Platz stehen zwar inzwischen weder ein Kohler, noch ein Cesar oder Chapuisat, aber da stehen junge Spieler, die es mit derselben Euphorie anzufeuern gibt, wie einst die Helden von 97! Mit dem ""Trainer"" Jürgen Kohler wird man sich auch in Zukunft wenig identifizieren können (es sei denn, er trainiert irgendwann den BVB ), denn für die schwarzgelben Anhänger bleibt Jürgen Kohler einfach der ""Fußball-Gott"" - einer der für Borussia immer den Kopf hingehalten hat, einer der mit letzten Einsatz Spiele entschieden hat ,oder einfach der letzte Fuß auf der Linie des Old-Traffords.