´Eine andere Dimension´

Für die kleinen Klubs - die Davids - des deutschen Fußballs ist der DFB-Pokal ein Riesen-Ereignis. Besonders dann, wenn das Los ihnen einen Bundesligisten beschert hat. Doch wie sieht die Organisation des Spiels vom Losentscheid bis zum Anstoß eigentlich aus? sport.ARD.de sprach mit Gerd Olbrich, dem Vorsitzenden des bayerischen Landesligisten TSG Thannhausen, der am Samstag (09.09.06) gegen Borussia Dortmund antritt. [B]Herr Olbrich, wie war die Stimmung, als der TSG die Borussia aus Dortmund zugelost wurde? [/B] [B]Gerd Olbrich[/B]: ""Da haben bei uns im Sportheim die Wände gewackelt. Rund 100 Menschen waren da, um die Auslosung anzusehen. Als dann Dortmund aus dem Topf gezogen wurde, gab es natürlich ein großes Hallo."" [B]Aber Sie wussten auch, dass jede Menge Arbeit auf Sie zukommt...[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Ja, das wussten wir. Doch dass die Planung eine solche Dimension annehmen würde, war uns nicht klar."" [B]Was für eine Dimension hat die Planung denn angenommen?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Bei normalen Spielen in der Landesliga haben wir 250 bis 300 Zuschauer, jetzt erwarten wir mehr als 10.000. Polizei und Feuerwehr haben es zur Auflage gemacht, dass jeder Zuschauer einen festen Sitz- oder Stehplatz hat."" [B]Das heißt, Sie brauchen Zusatztribünen...[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Ja, und die stellen wir jetzt in allen vier Himmelsrichtungen auf. Dabei müssen wir natürlich Flucht- und Rettungswege freihalten. Damit hatten wir bisher noch keine Erfahrungen, zusätzliche Zuschauerplätze haben wir bisher noch nicht benötigt. Zum Vereinsjubiläum vor 16 Jahren hatten wir beim Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern zwar schon Mal 6.000 Zuschauer im Mindelstadion, doch damals hat man das alles locker gesehen."" [B]Und jetzt wacht der DFB über Ihre Planungen....[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Ja, eine Delegation des DFB war in Thannhausen und hat uns in Sicherheitsfragen beraten. Das war sehr nützlich. Zudem stehen wir natürlich in ständigem Kontakt mit der Polizei und der Feuerwehr. Wir brauchen Sonderparkplätze, und die Zufahrtswege müssen gesperrt werden."" [B]Der DFB hat die Amateurclubs auch zu einem Workshop nach Frankfurt eingeladen. Was wurde da besprochen?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Da ging es im Wesentlichen um Sicherheitsfragen und Abrechnungsmodalitäten. Und der DFB hat uns erklärt, wie ein solches Spiel ablaufen muss. Eine Coaching-Zone kannten wir bisher nur aus dem Fernsehen, auch einen Dopingkontrollraum und Fangzäune hinter den Toren brauchten wir bisher noch nicht. Zudem muss vor der Partie die DFB-Hymne gespielt werden. Insgesamt sind es rund 100 Einzelpunkte, die zu beachten sind."" [B]Das hört sich alles nach hohen Kosten an. Verdient man als Amateurklub eigentlich bei so einem Spiel noch Geld?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Von den Zuschauereinnahmen bleibt nicht viel übrig, weil die Zusatztribünen viel verschlingen. Zehn Prozent des Gewinns bekommt der DFB. Der zahlt allen Vereinen allerdings auch eine Startprämie. Und dann ist es im Pokal ja so, dass der Gewinn zwischen beiden Vereinen geteilt wird. Für uns zählt aber vor allem das Erlebnis. Für den Verein und die Stadt ist das Spiel ein Jahrhundertereignis."" [B]Vor 31 Jahren war Bayer Leverkusen in Thannhausen in der ersten Runde des DFB-Pokals zu Gast und gewann mit 6:0. War das damals auch schon so ein Aufwand?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Ich persönlich war damals nicht dabei, doch etliche Vereinsmitglieder können sich noch sehr gut an das Spiel erinnern. Im Vergleich zu heute war der Aufwand damals lächerlich. Da gab es ein paar Ordner und ein paar Polizisten mehr, und das wars."" [B]Wie viel Zeit haben sie mit der Planung verbracht? Wie viele Menschen waren daran beteiligt?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Seit der Auslosung am 16. Juli laufen die Planungen auf Hochtouren. Der Vorstand ist täglich gefordert - mit zunehmender Intensität. Ich habe drei Wochen meines Urlaubs für die Planungen geopfert, bei meinen vier Vorstandskollegen sieht es ähnlich aus. Zusammen kommen wir auf rund 1000 Helferstunden - alles ehrenamtlich. Am Spieltag werden 250 ehrenamtliche Helfer aus Thannhausen und Umgebung im Stadion im Einsatz sein. Die Zuschauer sollen ja zum Beispiel auch verpflegt werden."" [B]Das scheint alles eine große Belastung zu sein ...[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Es macht auch Spaß. Doch es gab auch Momente, in denen wir gedacht haben: Was haben wir uns da angetan?"" [B]Können Sie sich eigentlich auf das Spiel konzentrieren oder denken Sie nur daran, ob alles reibungslos funktioniert?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Für mich ist in der Tat in erster Linie wichtig, dass in Sachen Sicherheit alles glatt läuft. Doch vielleicht weicht ja meine Anspannung, wenn wir gut spielen."" [B]Wie sind denn die Chancen gegen Dortmund?[/B] [B]Olbrich[/B]: ""Wir sind natürlich klarer Außenseiter, doch der Ausgang des Kampfes zwischen David und Goliath ist ja bekannt. Es wäre natürlich toll, wenn uns eine Überraschung gelänge. Es war jedoch schon ein großer Erfolg, überhaupt in die Hauptrunde einzuziehen. Gegen Dortmund wollen wir vor allem eine gute Vorstellung abliefern."" [B]Aber jetzt, wo Sie organisatorisch wissen, wo es lang geht, könnte die TSG ja eigentlich doch in die zweite Runde einziehen, oder?[/B] [B]Olbrich [/B] (lacht): ""Ja, das könnten wir. Das wird uns aber nicht allzu viel nützen. In der zweiten Runde bräuchten wir Flutlicht, weil die Spiele auf Dienstag und Mittwoch terminiert sind. Dann müssten wir sowieso in ein anderes Stadion ausweichen.""