Ein Stückchen geheilter Welt

BVB-Trainer Thomas Doll gewinnt positive Erkenntnisse aus dem Trainingslager in der Schweiz. 2:1 im Testspiel gegen Anderlecht Bern. Bei repräsentativen Umfragen nach dem Pegelstand der eigenen Zufriedenheit hat sich herausgestellt, dass der Deutsche im Gegensatz zu seinen europäischen Nachbarn eher dazu neigt, das Glas als halb leer zu betrachten. Thomas Doll hebt diesen statistischen Wert. Der Trainer von Borussia Dortmund charakterisiert sich als ""gelassenen Menschen"", der ""eigentlich immer zufrieden"" sei. Der Mann ist allerdings im Fußballgeschäft tätig, und deshalb weiß er, wann sich das richtige, das pralle Wohlgefühl einstellt: ""Das schaffen nur die Resultate."" Beim 2:1-Testspielsieg am Donnerstagabend beim Miniatur-Turnier Obi-Cup in Bern gegen den RSC Anderlecht konnte Doll also noch eine Helligkeitsstufe strahlender lächeln. Weil der Trainer im Vergleich zur mit 1:3 gegen die Young Boys Berns verloren gegangenen ersten Partie im Stade de Suisse am Dienstagabend auf neun potzenzielle Stammkräfte verzichtet hatte, wurde allerdings nur ein engagierter Sommertrainingskick aufgeführt, bei dem Walter Basegio in der 52. Minute für die Belgier vorlegte, der in Runde zwei eingewechselte Florian Kringe mit dem Kopf ausglich (64.) und Jakub Blaszczykowski (86.) den Endstand besorgte. Wirklich auffällig wurde jedoch nur der schnittige (und immer noch etwas kopflose) Philipp Degen auf der linken Defensivseite. Dass bei den Borussen beim neuntägigen Schweiz-Aufenthalt Ferienlagerstimmung aufkommt, liegt also nicht an diesem kleinen Erfolg, sondern daran, dass die Probleme, die die Vergangenheit eingetrübt haben, das kollektive Vereinsgedächtnis nur noch belasten, wenn es jemand unvorsichtigerweise wagt, die Erinnerung an sie aufzufrischen. Das aber kommt selten vor. Der Blick richtet sich in die Zukunft, und Thomas Doll hat eine klare Vorstellung davon, wie seine Gruppe sich zum Saisonstart der Bundesliga präsentieren soll. Sie soll Geschwindigkeit ins Spiel bringen. Er will die individuellen Stärken herausarbeiten. Und vor allem soll in Feusisberg, wo der BVB mit Postkartenaussicht auf den Zürichsee logiert, die Mannschaft zur Einheit werden. Bei diesem komplexen Prozess des Gebens und Nehmens erkennt der Trainer bereits Fortschritte: ""Alle sind gewillt, auch die Neuen mit ins Team einzubeziehen."" Weil menschliche Annäherung auf engem Raum besser funktioniert als auf weiträumigen Rasenflächen, lassen sich die eineinhalb- bis zweieinhalbstündigen Busreisen von Feusisberg durch das Nadelöhr Zürich bis nach Bern und wieder zurück tatsächlich als gruppendynamische Maßnahme interpretieren. Und sogar die Nachrichtenfetzen, die aus dem österreichischen Bad Radkersberg, dem Ferienlager des FC Schalke 04 herüberwehen, werden zum Eckpfeiler des Teambuilding. Spieler fordern Spieler? Es soll Konflikte mit Journalisten geben? Borussia Dortmund darf sich endlich wieder als ein Stückchen geheilter Welt empfinden, aus der Ferne gefühlt zumindest heiler als die des ewigen Konkurrenten.