Wie Jürgen Klopp die BVB-Profis besser macht

Mit der Bilanz nur eines kompletten Hinrundenspiels stand Nuri Sahin im Trainingslager in der Sonne Marbellas. Soeben hatte Borussia Dortmund mit Kevin-Prince Boateng weitere Konkurrenz für seine Position vorgestellt. Und Sahin sagte: ""Ich bin mitten in der Mannschaft. Der Trainer baut auf mich."" Den Trainer hatten sie in Dortmund vor der Saison gewechselt. Jürgen Klopp bestimmte in jenen Tagen seines Dienstantritts die Schlagzeilen in der gesamten Fußball-Republik - zusammen mit Jürgen Klinsmann, den sie bei Bayern München engagierten, um den Rekordmeister umzukrempeln. Klinsmanns Credo: ""Wir wollen jeden einzelnen Spieler und damit die Mannschaft besser machen. Gelungen ist es ihm kaum - im Gegensatz zu Klopp. Während der Münchner Marcell Jansen verkaufte, Lukas Podolski vertrieb und Michael Rensing verprellte, nimmt sich Klopp derer in geradezu liebevoller Manier an, die kaum Zukunft beim BVB zu haben schienen. Emotion statt Revolution. Mit Erfolg. Da ist zum Beispiel jener Nuri Sahin. Jüngster Bundesliga-Debütant, jüngster Dortmunder Europapokalspieler, jüngster Bundesliga-Torschütze, jüngster türkischer Nationalspieler, jüngster Torschütze in der türkischen Nationalmannschaft - scheinbar ein Wunderkind, das jedoch unter Trainer Thomas Doll als für nicht gut genug befunden und vergangene Saison zu Feyenoord Rotterdam ausgeliehen wurde. Nun ist er zurück, mit immer noch erst 20 Jahren, aber besser denn je. Auch weil Klopp an ihn glaubte und in ihm nicht das einstige Talent sah, das den Durchbruch nicht gepackt hat, sondern einen jungen Spieler mit brillanten Möglichkeiten. ""Mir würde nur wenig einfallen, was er nicht kann"", sagt Klopp. Behutsam flößte der 41-Jährige Sahin Selbstvertrauen ein, nahm den Druck, Außergewöhnliches leisten zu müssen, von seinen schmalen Schultern. Mit dem Resultat, dass Sahin nun Außergewöhnliches leistet, Zweikämpfe gewinnt und den Ball wieder millimetergenau über die Halme dirigiert. ""Der Trainer hat sehr großen Anteil an meinem Aufschwung"", sagt der in Lüdenscheid geborene Mittelfeldspieler, ""er hilft mir sehr, redet sehr viel mit mir. Er sucht die Nähe zu seinen Spielern. Das ist etwas, das mir sehr liegt."" Offensichtlich nicht nur ihm. Denn Sahin ist nicht der einzige, der unter Klopp bemerkenswerte Fortschritte macht. Nelson Valdez gehört wie kein anderer dazu. Schließlich proklamiert Klopp: Nur wer sich einsetzt, wird eingesetzt. Weil Nelson Valdez vieles gut kann, aber nichts so gut, wie sich leidenschaftlich in die Zweikämpfe zu werfen und ohne Unterlass zu laufen, und weil Klopp eben nicht nur so redet, sondern auch danach handelt, stellte er Valdez vom ersten Tag an auf. Keine Gelegenheit bleibt ungenutzt, Valdez Wirken die lange verwehrte Wertschätzung zu verschaffen: ""Was Nelson auf dem Platz macht, ist groß."" Dass Valdez noch in der vergangenen Saison von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde - vergessen. Sechs Tore, sechs Vorlagen stehen bislang in seiner Saison-Bilanz, mehr als je zuvor. ""Das Vertrauen tut gut und gibt mir positive Energie"", sagt der Stürmer. Klopp der Fußball-Flüsterer, Ausbilder, Seelenklempner. Er machte aus Jakub Blaszczykowski einen brillanten Vorbereiter, führte Kapitän Sebastian Kehl zurück zu länderspielreifem Format, verhalf Torwart Roman Weidenfeller zu alter Sicherheit, ohne dass ihm derweil ein anderer Profi entglitt. Nicht einmal sein größter Star: Alexander Frei. Klopp ließ den lange verletzten Stürmer häufig auf der Bank, weil er nicht fit war. Nun spielt er - und schießt wieder Tore. ""Klopp trifft bei uns den richtigen Nerv"", sagt Patrick Owomoyela. Der frühere Bremer bewegte sich monatelang in einer sportlichen Abwärtsspirale, ging nach Dortmund und wird von Tag zu Tag besser. Klopp hält alle bei Laune. Vielleicht ist was dran, an dem was Kevin-Prince Boateng in Marbella sagte, als Nuri Sahin nicht fern war: ""Wer mit Klopp nicht klarkommt, hat selber ein Problem.""