Ohne Wettmonopol mehr Gewinn für den Staat

Offiziell ist der gesamte deutsche Fußball aus den Gesprächen über die Zukunft des Sportwettenmarktes ausgeschlossen, hinter den Kulissen aber versucht er, die Entscheidung der Politiker zu beeinflussen. In einem Modell, das der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder am 18. Oktober vorliegen soll, kommen der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) zu einem verblüffenden Ergebnis. Demnach steigen die Einnahmen der Länder in beträchtlichem Umfang, wenn sie im Sportwettenbereich nicht mehr auf einem Staatsmonopol beharren, sondern privaten Wettanbietern über Konzessionen und Lizenzen einen beschränkten und kontrollierten Zugang zum lukrativen Markt der Sportwetten ermöglichen. In dem Modell, dessen vorläufige Fassung dem Sport-Informations-Dienst (sid) bekannt ist, verweisen DFB und DFL auf den nicht zu leugnenden Umsatzeinbruch bei der staatlichen Sportwette durch die faktische Aushebelung des Monopols durch private Wettanbieter vor allem im Internet mit deutlich besseren Quoten. Vater Staat schöpft nur noch Steuern aus 25 Prozent der getätigten Umsätze ab. Zwar weisen die 16 Lotteriegesellschaften der Länder nur pauschale Umsätze einschließlich der Einnahmen aus dem reinen Glücksspiel Lotto und den Casinos aus, doch lassen sich aus den `Nachbesserungenï, die der nationale WM-Förderer Oddset dem Organisationskomitee der WM beim erbitterten Feilschen um jeden Euro gewährte, die Eckdaten aus dem reinen Bereich der Sportwette ziemlich exakt ablesen. Laut begründeter Schätzungen lässt sich folgende Umsatzentwicklung ablesen: Oddset im Jahr 2000: 0,5 Milliarden Euro, private Anbieter: null. 2004: 0,451 gegen 1,729 Milliarden. 2006 steht es 0,3 zu 2,5 und für 2010 werden staatliche Umsätze von 0,5 gegen private von 4,5 Milliarden Euro prognostiziert - also ein staatliches Verharren auf dem Ist-Stand während zehn langer Jahre und eine neunfache Dynamik auf dem nicht zu leugnenden Parallelmarkt. Diese Zahlen gewinnen ihre Brisanz erst dann, werden sie mit zwei anderen Ziffern in Bezug gesetzt: Die Politiker verlangen stattliche Abgaben von ihren staatlichen Lotteriegesellschaften, deren Bosse in der Regel verdiente Ex-Politiker sind: Neben der Lotteriesteuer in Höhe von 16,67 Prozent, neben der obligatorischen Mehrwertsteuer (noch 16 Prozent) wird eine `Zweckabgabeï für den Sport in Höhe von 16 Prozent verlangt. Diese letzten 16 Prozent sind es, die dem Sport in seiner Gesamtheit zufließen und deren Höhe teilweise auch der Deutsche Olympische Sportbund (DSB) gefährdet sieht, sollte sich das von DFB/DFL propagierte so genannte Konzessionsmodell durchsetzen. Unabhängig davon, ob die Lotteriesteuer zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz verwendet wird oder in den großen Haushalten verschwindet, macht das selbstverständlich interessengeleitete Gutachten folgende Gegenrechnung auf: Als es im Jahre 2000 noch nur den Staat gab, kassierte dieser als Monopolist 176 Millionen Euro an Steuern. Wird der prognostizierte Gesamtumsatz im Sportwettenmarkt für 2006 zu Grunde gelegt, würden 6,3 Prozent `Abgabeï reichen, um auf das gleiche Ergebnis zu kommen - 2010 sogar nur 3,5 Prozent. Der deutsche Fußball hält eine Gesamtabgabe von 15 Prozent bei Staat und Privaten für vertret- und vor allem durchsetzbar. Das würde nach der Modellrechnung im Gutachten für das laufende Jahr über die 176 Millionen Euro Oddset-Abgaben hinaus Einnahmen von weiteren 244 Millionen generieren. Für 2010 werden Zusatzerlöse von 574 Millionen Euro prognostiziert. Offen lassen die angestellten Überlegungen die Diskussion über die Verteilung der Einnahmen zwischen dem Staat, dem Sport im Allgemeinen und dem Fußball. Klar ist allerdings, dass jeder mehr haben wird als bisher - eine klassische win/win-Situation, wie Marketing-Experten in ihrer Geheimsprache `Denglischï sagen würden. Klar ist auch, dass der Fußball für seine Spielpläne, die allein im Profibereich 34 Spieltage (und damit Wettmöglichkeiten) mit 36 Mannschaften umfassen, in der Summe mehr an Lizenzgebühr haben möchte, als die Leichtathletik, das Tennis, das Schwimmen oder der Golfsport mit ihren doch sehr vereinzelten Veranstaltungen haben werden. Sollte das staatliche Wettmonopol festgeschrieben werden, wollen DOSB und DFB mit dem Anbieter Oddset eine `Sportförderungsgesellschaftï gründen, um sich zusätzliche Mittel aus dem Gewinn der staatlichen Sportwetten zu sichern. Dies war das Ergebnis des Sportwetten-Gipfels am 22. August. Vorausgesetzt, Oddset und vor allem die Länder stimmen dem kühnen Plan der Wette unter einem Dach zu, sollen die Erlöse zwischen DOSB und DFB im Verhältnis 1:5 aufgeteilt werden. Unberührt von diesem Sportwetten-Modell bleiben die rund 500 Millionen Euro, die dem Sport pro Jahr aus Lotto- und Toto-Mitteln zufließen und für die der Gipfel eine `Bestandsgarantieï einforderte. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit einer Entscheidung am 28. März 2006 der Politik die Möglichkeit gegeben, private Sportwettenanbieter unter Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen zuzulassen oder auf dem staatlichen Monopol zu beharren. Un diesem Fall müsste allerdings der Staat (`Oddsetï) seine Werbung für Sportwetten zurückfahren und seine Marketing-Mittel zur Verhinderung der Spielsucht einsetzen, im Grunde also Anti-Werbung betreiben. Ob das staatliche Monopol vor europäischen Gerichten Bestand haben wird, ist strittig.