Er kam als Fremder und ging als Borusse

Es waren weniger die fußballerischen, vielmehr die emotionalen Höhepunkte, die das Abschiedsspiel von Julio Cesar da Silva zu einem beeindruckenden Erlebnis werden ließen. ""Du kamst als Fremder und Du gingst als Freund und als Borusse!"", war auf einem Spruchband im Südwesten des SIGNAL IDUNA PARKs zu lesen. Mit Tränen in den Augen verabschiedete sich der Brasilianer von der großen Fußball-Bühne und rief den 35.000 auf den Rängen zu: ""Danke für alles. Ihr seid großartig!"" Stehende Ovationen in einem Stadion, gefüllt mit Fußball-Fans. Fußball-Puristen. Das bekam auch Matthias Sammer zu spüren, dem bei der Begrüßung der Champions-League-Sieger-Mannschaft von 1997 - dem Gegner der Weltauswahl ""Julio and friends"" - nicht ein einziger Pfiff, sondern donnernde Ovationen entgegen schlugen. Kein anderer Spieler - abgesehen vom Hauptdarsteller des Abends - wurde mit so viel Sympathie und Wohlwollen begrüßt wie Ex-Trainer und Ex-Spieler Sammer. Julio hatte gerufen - und (fast) alle waren gekommen. Dass Diego Maradona nicht dabei war, interessierte die Fans nur am Rande. Cesar selbst soll die Absage des exzentrischen Argentiniers allerdings tief getroffen haben. Careca, Jorginho, Aldair und viele andere streiften dagegen das gelb-grün-blaue Dress der Weltauswahl über. Diese nahm die Sache überraschend ernst, ließ nicht viele Kabinettstückchen der 97er-Elf zu, die durch Schneider und Herrlich zwischenzeitlich zum 2:2 ausgleichen konnte, und siegte mit 5:2. Ottmar Hitzfeld hatte als Startformation die gleiche Elf wie am 28. Mai 1997 auf den Rasen geschickt - mit einer Znderung: ""Julio spielt für Matthias."" Sammer saß also draußen - wie zunächst auch Michael Zorc, der Hitzfelds Aufstellung in der Kabine mit einem Lachen so kommentiert haben soll: ""Ich wusste, dass er mich wieder nicht aufstellen würde..."" Die alten Recken zeigten, dass sie noch gut beieinander sind (abgesehen vielleicht von Möller). Vor allem Sousa, Heinrich und Lambert beeindruckten. Aber das interessierte eigentlich nur am Rande. Denn es war ein Abend der Emotionen, die überkochten, als Cesar zur Ehrenrunde ansetzte, von den Kollegen zur Südtribüne getragen wurde - und später nochmals raus ""musste"", weil die Fans im Stadion nicht aufhören wollten, ihn zu feiern. Den ""urso negro"", den schwarzen Bären, der 1994 als Fremder kam und gestern Abend als Freund ging. Als Borusse.