Interview mit Fanabteilung-Chef Olaf Suplicki

"Vor eineinhalb Jahren wurde die Fanabteilung des BVB gegründet. Vorsitzender Olaf Suplicki zieht im schwarzgelben Gespräch eine Zwischenbilanz. Frage: In welchem Alter ist Ihnen eigentlich erstmals aufgefallen, dass Sie über eine prophetische Gabe verfügen? Olaf Suplicki: Ich verstehe die Frage nicht. Nun, Sie haben vor Saisonbeginn Stein und Bein geschworen, dass Delron Buckley ""keine fünf Tore"" erzielt. Bis jetzt sind es exakt null. Olaf Suplicki: Ach, diese Geschichte. Da werde ich wohl Recht behalten. Schade eigentlich. In diesem Fall wollte ich wirklich, ich hätte mich geirrt. Meinetwegen hätte er 15 Tore schießen können. Aber wahrscheinlich macht er am letzten Spieltag bei den Bayern das entscheidende, mit dem wir uns doch noch für den UI-Cup qualifizieren. Diesmal melden wir Zweifel an - und konstatieren, dass Platz fünf auch ohne Buckley-Tore möglich gewesen wäre. Olaf Suplicki: Das ist nicht ganz falsch. Noch richtiger ist aber, dass die Mannschaft noch nicht so weit ist. Sie befindet sich im Umbruch, wichtige Akteure wie Jan Koller und Lars Ricken sind langfristig ausgefallen, andere sind aufgrund ihrer Jugend nicht konstant genug, wieder andere haben nicht Fuß gefasst. Will sagen: Das Team hat die Klasse noch nicht, um international mitzumischen. Kein Widerspruch - trotzdem Einspruch, denn besser als Dortmund sind Leverkusen und Hertha auch nicht. Olaf Suplicki: Man muss aber fairerweise sehen, dass Leverkusen und Hertha, auch Stuttgart, mit einem ganz anderen Anspruch als wir in die Saison gestartet sind. Die wollten nach Europa, unser Trainer Bert van Marwijk hingegen hat Platz sechs bis zwölf als realistisches Ziel ausgegeben. Der Mann hat eben Ahnung. Also keinerlei Enttäuschung? Olaf Suplicki: Nicht nach dieser Saison. Noch vor einem Jahr war Borussia Dortmund klinisch tot. Es war fraglich, genau genommen sogar eher unwahrscheinlich, dass der Klub weiter existieren könnte. Was Reinhard Rauball, Hans-Joachim Watzke und ihr Team seither erreicht haben, ist ungleich mehr wert als Platz fünf. Sogar mehr als eine Meisterschaft. Sie haben, und das fast völlig lautlos, einen super Job gemacht. Das gilt auch für Bert van Marwijk. Viele seiner Kollegen hätten gejammert über fehlende Planungssicherheit, mangelnde finanzielle Möglichkeiten, Unruhe im Umfeld ... - Haben Sie solche Klagen von unserem Trainer je gehört. Ich nicht. Daher klipp und klar: Angesichts der Ausgangslage müsste man am Ende dieser Saison auch mit Platz sieben zufrieden sein. Inzwischen geht der Blick aber wieder nach vorne. Olaf Suplicki: Und zwar durchaus mit gemischten Gefühlen. Dass die Klubführung in die sportliche Substanz investieren muss, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten dazu hat, steht völlig außer Frage. Aber bitte mit Augenmaß. Im Klartext? Olaf Suplicki: Wie der Verein sich für die Zukunft aufstellt, das ist aus Sicht der Fans eine ganz entscheidende Frage. Wir wollen hier nie wieder eine Söldnertruppe in Schwarzgelb. Millionenschwere Stars ohne Charakter: Das haben wir alles zu Genüge gehabt. Jetzt schauen wir uns lieber an, wie sie ein paar Kilometer westlich die gleichen Fehler machen. Positiv ist, dass für den BVB die Perspektive wieder stimmt. Wir Fans mussten von einer sehr langen sportlichen Durststrecke ausgehen. Nun dürfen wir hoffen, dass Borussia schon kurzfristig wieder eine gute Rolle spielt. Weg vom Sportlichen. Die ausklingende Spielzeit war die erste komplette Saison mit Fanabteilung. Ihr Fazit? Olaf Suplicki: Mit der Entwicklung insgesamt sind wir hochzufrieden. Wir pflegen eine sehr gute Zusammenarbeit mit Vorstand und Geschäftsführung. Dazu gehört, dass wir auch kontroverse Diskussionen führen und uns mal die Meinung sagen. Einigen Fans ist das Verhältnis offenbar nicht kontrovers genug. Sie bemängeln, die Fanabteilung würde zu innig mit der Klubspitze kuscheln. Olaf Suplicki: Ich kenne diese Kritik. Vielleicht ist sie Folge einer falschen Erwartungshaltung, die wir möglicherweise selbst verursacht haben, weil wir mit dem Anspruch angetreten sind, ""die größten Kritiker"" sein zu wollen. Das war zu einer Zeit, als Gerd Niebaum und Michael Meier noch in Amt und Würden waren. Damals haben wir massiv kritisiert, und auch heute nehmen wir nicht alles kritiklos hin. Aber die Diskussionen laufen mittlerweile intern, hinter den Kulissen. Als Abteilung des BVB könnten wir selbst dann nicht ständig öffentlich dazwischen hauen, wenn es erforderlich wäre. Wir tragen jetzt auch ein Stück der Gesamtverantwortung für Borussia mit. Dennoch, einige Entwicklungen sind nicht so gelaufen wie erhofft, vielleicht sogar erwartet. Stichwort Mitgliederzahl. Olaf Suplicki: Der BVB liegt bei rund 25.000, die Fanabteilung stagniert bei 1400 bis 1500. Dabei sind die allermeisten Mitglieder Fans, sie hätten also scharenweise zu uns wechseln müssen. Das ist nicht nur enttäuschend, sondern unverständlich. Ein anderes Beispiel ist die neue Borussia-CD. Ein tolles Teil mit tollen Künstlern. Wir haben bis jetzt 8000 Exemplare verkauft. Das ist erst einmal ein gutes Ergebnis, weil 50.000 Euro in den Topf für den Bau des BVB-Museums ""Borusseum"" fließen. Dass wir allein 4000 CDs an Sponsoren verkauft haben, relativiert den Erfolg jedoch. Zhnlich lief es 2005 mit den Freundschaftsbändchen. Olaf Suplicki: Die kamen zu spät. Da war die Solidarisierungswelle schon wieder abgeebbt. Trotzdem haben wir 28.000 Euro zugunsten der Jugendarbeit erlöst. Ich gebe Ihnen aber grundsätzlich Recht. Wir waren etwas zu euphorisch, was die Bereitschaft der Fans angeht, zu helfen. Und dennoch ziehen Sie eine positive Bilanz? Olaf Suplicki: Manchmal, wenn ich mir vor Augen führe, was wir schon geschafft haben, staune ich selbst. Wir haben eine Saisoneröffnung mit fast 40.000 Fans auf die Beine gestellt. Wir haben soziale Projekte angestoßen - etwa mit dem Kinder-Hospiz in Witten. Wir haben Sonderzüge organisiert. Wir sind auf dem Weg, das ""Borusseum"" zu eröffnen. Wir haben eine Schwarzgelbe Nacht mit 500 Gästen gefeiert und einen Tanz in den Mai der Fanabteilung mit 130 Leuten. Wir sind jetzt schon so weit wie Fanabteilungen in anderen Vereinen wie Hamburg und Frankfurt nach fünf oder sechs Jahren. Alle erkennen unsere Arbeit an, nur die eigenen Fans nicht. Wenn ich die Diskussionen in den Internet-Foren verfolge, frage ich mich schon bisweilen: Wofür machst du das alles eigentlich?! Und. Wofür? Olaf Suplicki: Es geht nicht um uns, sondern um den BVB. Wir sind angetreten, um daran mitzuwirken, dass Borussia wieder der Verein wird, für den unser Herz schlägt. Da liegen wir voll im Plan. Vielleicht müssen wir aber einige Dinge ganz einfach akzeptieren. Zum Beispiel? Olaf Suplicki: Dass viele Fans einfach nur ins Stadion gehen, das Spiel gucken und wieder nach Hause fahren. Dass die Atmosphäre durch den Eckenausbau nicht etwa hoch-, sondern verkocht. Dass die Zuschauerzahlen sinken, weil Karten kein knappes Gut mehr sind und die Leute erst abwarten, wie am Spieltag das Wetter wird. In einigen Bereichen müssen wir selbst auch noch besser werden. Die Kommunikation mit den Fanclubs von außerhalb Dortmunds etwa ist schwierig. Da hakt es noch. Ein Wort noch zum ""Borusseum"". Wann ist Eröffnung? Olaf Suplicki: Nicht mehr vor der WM. Diese ursprüngliche Zielvorgabe war viel zu ehrgeizig. Ich glaube, damit haben wir auch die Klubführung ziemlich überrollt. Aber wir haben gedacht: Um etwas zu erreichen, müssen wir auf die Tube drücken. Inzwischen haben wir gelernt, dass große Dinge Zeit brauchen. Wir haben 200.000 Euro zusammen, und da sind die 100.000 Euro von der RAG schon eingerechnet. Sie benötigen mehr als das Doppelte. Olaf Suplicki: Die Summe reicht gerade für den Rohbau. Ich gehe davon aus, dass erste Arbeiten noch in diesem Jahr stattfinden. Ein neues Zeitziel formulieren wir aber nicht. Mit persönlich würde es reichen, wenn wir das Band am 19. 12. 2009 durchschneiden, dem 100. Geburtstag des BVB. Aber keine Angst, so lange wirds nicht mehr dauern.