Metzelder am Scheideweg

Dass der Glanz einer Weltmeisterschaft schnell verblasst, hat kein Verein in der Hinrunde so knallhart feststellen müssen wie Borussia Dortmund. Mit Christoph Metzelder, Sebastian Kehl und David Odonkor standen zum Saisonbeginn drei WM-Helden im Kader der Borussia. Leider nur eine Bestandsaufnahme von kurzer Dauer. Odonkor, von Ex-Trainer van Marwijks Systemumstellung aus dem Team gedrängt, verabschiedete sich schnell Richtung Spanien. Für Metzelder und Kehl reichte er gerade mal zum Bundesliga-Auftakt gegen den FC Bayern, bevor sie das Verletzungspech einholte. Sommermärchen ade, willkommen im Bundesliga-Alltag. Sechs Monate später steht der BVB vor einem Neuanfang. Es gilt, eine mehr als durchwachsene Hinrunde zu kompensieren, in der man viel spielerische Klasse und auch viel Kredit bei den Fans verloren hat. Mit Jürgen Röber als neuem Trainer - vorerst allerdings nur bis Saisonende - und mit einem Christoph Metzelder, der um seine Zukunft spielt. Der Arbeitsnachweis von Metzelder im Jahr 2006 liest sich so: Im Nationaltrikot absolvierte der 26-Jährige insgesamt 969 Spielminuten, sechs starke WM-Spiele inklusive. Im BVB-Trikot war der Innenverteidiger jedoch nur 463 Minuten zu sehen. ""Schön für Deutschland, aber einfach sehr schade für Borussia Dortmund"", musste Sportdirektor Michael Zorc unlängst gestehen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Metzelder zu Jahresbeginn sehr wohl fit war, von van Marwijk in der Rückrunde 05/06 aber nur sporadisch bis gar nicht eingesetzt wurde, weil der Holländer die Dienste von Youngster Markus Brzenska vorzog. Den Vorwurf, er sei immer nur verletzt, will sich Metzelder deshalb nicht gefallen lassen. ""Meine Achillessehnenverletzung dafür anzuführen, dass ich zu hohe Fehlzeiten habe, halte ich für einen Fehler. Wenn ich diese 21 Monate wegrechne, bin ich nicht mehr verletzt als jeder andere"", sagte der 26-Jährige. In der Rückrunde muss Metzelder dies nun beweisen, er spielt um einen neuen Vertrag oder eine lukrative Zukunft im Ausland. Sein Dilemma ist so einfach zu erklären wie schwierig zu lösen: Er würde gerne zu gleichen Bezügen wie beim bisherigen Vertrag aus der Niebaum-Zra weiterspielen, der BVB jedoch möchte den neuen Kontrakt leistungsbezogen gestalten, um bei weiteren Verletzungen weniger Risiko zu haben. ""Wenn er einmal eine Halbserie verletzungsfrei durchspielen könnte, wäre er vom Potenzial her ein so wertvoller Spieler für den BVB, dass es wehtun würde, ihn ablösefrei zu verlieren"", erklärte der Ex-Borusse Jürgen Kohler unlängst das Problem. ""Andererseits: Wie oft hat er mal eine Halbserie sorgenfrei durchgespielt?"" Mit den Verhandlungen soll in den nächsten Wochen begonnen werden, Zorcs Maxime ist dabei: ""Es muss wirtschaftlich darstellbar sein."" Sollten die Verhandlungen scheitern, würde es den Abwehrspieler sehr wahrscheinlich ins Ausland ziehen. Bei Juventus Turin steht er bereits unter Beobachtung, vermeldete die italienische ""Tuttosport"" am Freitag. Auch Klubs aus England gelten als Kandidaten. Noch frustrierender wie bei ""Metze"" war in der Hinrunde die Situation bei Sebastian Kehl, der sich am ersten Spieltag gegen den FC Bayern eine Risswunde am Knie zuzog, die erst schlecht verheilte und sich dann entzündete. Obendrein kam eine Knochenstauchung dazu. Kehl spielte in der Hinrunde keine Minute mehr und befindet sich jetzt erst im Lauftraining, Rückkehr noch ungewiss. Metzelder wie Kehl haben das Problem, dass die Hinrunde auf ihren Positionen die einzigen positiven Überraschungen im BVB-Trikot hervor brachte: Neuzugang Martin Amedick machte einen soliden bis guten Job in der Abwehr, Youngster Marc-Andre Kruska ersetzte Kehl im defensiven Mittelfeld durchaus manierlich. Obwohl Metzelders und Kehls Qualitäten höher als die der Platzhalter einzuschätzen sind, werden es die beiden ""WM-Helden"" erstmal schwer haben, ins Team zu kommen. Auch wenn Röber über den Abwehrspieler nach dem Trainingslager sagte: ""Er ist ein sehr wichtiger Spieler für die Mannschaft, weil er ihr Stabilität gibt, für die nötigen Kommandos sorgt und sich auch hervorragend in den Spielaufbau einbringt"" - eine Stammplatzgarantie ist das aber noch lange nicht. Und sollte Metzelder nicht die Leistung bringen, die von ihm erwartet wird, sollten die Verhandlungen nicht erfolgreich verlaufen, dann hat der BVB schon Heiko Westermann von Arminia Bielefeld in der Hinterhand. Ein ""Druckmittel"" vom selben Verein spürt auch Röber in seinem Nacken. Der Name Thomas von Heesen geistert bereits seit etlichen Monaten durch den Signal Iduna Park, Röbers Vertrag läuft erstmal nur bis zum Saisonende. Der 53-Jährige sieht das im Gespräch mit Sport1.de allerdings noch sehr gelassen. ""Es war vorher schon klar, dass der Kontakt zu von Heesen besteht. Und mich hat auch keiner gezwungen, nach Dortmund zu kommen"", so Röber. Das lockere Achselzucken kann man sich dazu denken, er ist froh, dass er eine Chance bekommt. Für Metzelder hingegen wird es nicht mehr viele Chancen geben. Er muss jetzt zeigen, dass er mehr kann als gute Weltmeisterschaften zu spielen.