Meister Trostlos
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"Noch nie war es einer Mannschaft bisher vergönnt, ein Double, also den Gewinn einer Meisterschaft und des DFB-Pokals in einer Saison, zu verteidigen. Wenn das überhaupt einer schaffen sollte, so war schon immer die einhellige Meinung der Experten, dann der FC Bayern München, ohnehin Rekordmeister und -pokalsieger. Und tatsächlich: Im 42. Jahr der Bundesliga-Geschichte haben die Münchener nun ihren Double-Traum verwirklicht. Von dieser Stelle aus auch meinen aufrichtigen ""Herzlichen Glückwunsch Richtung Säbener Straße. Eine solche Leistung verdient höchsten Respekt und ist einmalig im deutschen Fußball. Soweit die nackten Zahlen. Doch Fußball, das ist mehr als Statistikgeplänkel, das sind Emotionen, bisweilen auch Tränen - ob aus Freude, Trauer oder purer Leidenschaft. Das alles habe ich nicht gesehen, von guten Spielen einmal ganz abgesehen. Von daher möchte ich anfügen: Alles Gute, Meister Trostlos! In den vergangenen Wochen wurde aus Richtung München immer wieder moniert, Fußball-Deutschland würde die außerordentlichen Leistungen eines FC Bayern nicht honorieren. Gleich nach dem Abpfiff in Kaiserslautern stieß Oliver Kahn ins gleiche Horn: ""Es ist an der Zeit, unsere einmaligen Leistungen zu respektieren."" Das wiederum kann so nicht stehen gelassen werden. Respektieren? Ja, bisweilen sogar mit einen sportlich fairen Shakehands. Aber was erwartet eine Mannschaft und deren Verantwortliche, die bei aller Coolness und Routine offenbar das Feiern verlernt haben, bitteschön vom Nicht-Bayern-Fan? Soll man sich vor dem heimischen Grill um den Hals fallen und überschwenglich die Heldentaten eines Teams huldigen, das ruckzuck in den Katakomben des Fritz-Walter-Stadions verschwunden ist und die eigenen Fans alleine weiter feiern lässt. Soll Fußball-Deutschland die Cabrios aus der Garage bugsieren und mit Hupkonzert und Autokorso durch die Innenstadt pesen, während der doppelte Titelträger bei einer Partie Schafskopf schon längst wieder im Bus gen Freistaat düst. Vielleicht haben Hoeneß, Rummenigge und Co. darauf ja eine Antwort parat, während sie über die Stars unserer Mannschaft herfallen und wir das scheinbar noch mit Standing Ovations beklatschen sollen. Zugegeben: Fußball a la Werder oder HSV macht Spaß, ist nett anzusehen, aber nicht immer zwangsläufig erfolgreich. Ein Meister muss nicht alle seine Partien mit Bravour gewinnen, aber wann haben die Bayern ein Spiel einmal wirklich mit Spaß-Fußball allerersten Kajüte gewonnen? Außer Turin und das sagenhafte 3:1 gegen Werder fällt dem Fan da nicht viel ein. Und während sich beispielsweise die Bremer mit Sternstunden in der Champions League ebenso wie Bayern im Viertelfinale der Königsklasse verabschiedeten, wurden sie von SAT1 stets meisterhaft ignoriert und Fußballfans der langweilige Kick des FCB vorgesetzt. Nebenbei bemerkt: Nach dem Double-Gewinn der Bremer war das auch schon so. Wo bleibt der Respekt vor emotionsgeladenen Fußball, liebe Bayern? Nein, nach dem Pokalsieg, da hat der geneigte Fan noch einen Funken Verständnis aufbringen können, dass die Münchener bei der Siegerehrung offensichtlich schon mit den Gedanken bei der erfolgreichen Double-Verteidigung waren. Das ist professionelles Verhalten von Millionen-Verdienern. Völlig unverständlich aber, dass die Bayern auf dem Betzenberg dann wieder nicht die ""Sau rausließen"". Man wusste nichts mit dem 1:1 anzufangen, der den 20. Rekordtitel und einen historischen Moment im deutschen Fußball gleichermaßen bedeutete. Statt dessen ein abgekupftertes Siegertänzchen, das mehr gespielt wirkte, denn nach wahrer Freude aussah und nicht einmal als kleiner Seitenhieb in Richtung Hansestadt taugte. Leidenschaftlich gefeiert wurde anderen Ortes: In Mainz der Klassenerhalt wie die Meisterschaft, in Leverkusen der Fast-UEFA-Cup-Einzug nach glorreicher Rückrunde, in Bremen die Vorfreude nach einer 6:0-Gala auf das alles entscheidende Nordderby um Europas Königsklasse. Und in München: Gespielte Emotionen zum Abwinken, dass sich einem der Magen beinahe umdreht, Szenen, die Fußballfans nicht mögen, es sei denn, sie gehen zum Lachen in den Keller. In München ist der Erfolg. Emotionen werden woanders gezeigt. An einem Ort, an dem die Sympathien blühen. Liebe Bayern, ich genehmige mir ein Weizen auf Euer Double, auch wenn ich Euch nicht leiden kann. Einer muss sich schließlich erbarmen, während Magier Magath wahrscheinlich die Sperrstunde für heute Abend großzügig auf Mitternacht verlängert. Gute Nacht, Meister Trostlos!"""