Fazit zur Hinrunde 05/06

Borussia Dortmund hat nach der Hinrunde 2005/2006 21 Punkte auf dem Konto. Nur drei mehr als vor einem Jahr. Und dennoch ist alles ganz anders als im Advent 2004, als in Dortmund buchstäblich der Baum brannte. Präsident Rauball und Geschäftsführer Watzke haben neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen, Trainer van Marwijk hat eine Mannschaft geformt, die sich nicht unterkriegen lässt, der die Zukunft gehört. Es ist die ""gefühlte Stimmung"", mit der sich der Unterschied zum Dezember 2004 vielleicht erklären lässt. Auf ""gefühlte zehn Punkte"" taxiert Hans-Joachim Watzke den Unterschied zum Vorjahr, der real drei Punkte beträgt. ""Wir haben eine neue, junge Mannschaft, der die Zukunft gehört"", sagt Bert van Marwijk, der Trainer, der es nicht nur verstanden hat, aus der Not die viel zitierte ""Jugend"" zu machen, sondern der Fußball-Dortmund wieder Selbstbewusstsein injiziert hat. Ende November noch war Borussia Dortmund hinter Bayern München (80 Punkte) und Werder Bremen (60) mit 58 Punkten aus 31 Spielen (Schnitt: 1,9) das drittbeste Team im Kalenderjahr 2005. Mittlerweile ist die Mannschaft in der Jahrestabelle zwei Plätze abgerutscht, dafür ist sie am vorvergangenen Spieltag in Frankfurt als jüngstes Team aller Zeiten in die Geschichte eingegangen. Beim Schlusspfiff hatten die zehn verbliebenen Akteure ein Durchschnittsalter von 22,0 Jahren. Mitten im ""Herbst-Hoch"" - zwischen den Siegen über Berlin und Nürnberg - hatte der Trainer folgende Aussage formuliert: ""Man muss es erfahren, um die Erfahrung zu bekommen."" Gegen Hannover und Frankfurt, den beiden darauf folgenden und jeweils mit 0:2 Toren verlorenen Partien, zahlten die Youngster Lehrgeld. ""Das ist normal"", argumentiert der Niederländer: ""Ich habe immer gesagt: Wir müssen realistisch bleiben. Aber wir haben Zukunft!"" Den jüngsten Rückschlägen begegnet er sachlich, ohne Emotionen. Richtigerweise stellt er fest: ""Die letzten Spiele haben genau gezeigt, wo wir im Moment stehen. Wir sind in der Lage, sehr guten und erfolgreichen Fußball zu spielen - wie gegen Berlin und Nürnberg. Aber wir sind noch nicht stabil. Das haben wir gegen Hannover, wo zwei dumme Fehler das Spiel entschieden haben, und in Frankfurt erfahren müssen. Und gegen die Bayern sind wir für unsere großartige Leistung nicht belohnt worden."" Hinzu kommt das unglaubliche Verletzungspech, das Borussia Dortmund seit zweieinhalb Jahren in brutalster Form verfolgt. ""Wenn wir komplett bleiben, sind wir in der Lage, um Platz fünf zu spielen"", hatte der Niederländer vor der Saison geäußert. Dass es zwischenzeitlich zu Rang sechs und aktuell zu Rang acht reichte, ist fast schon als ""Wunder"" zu werten: Mit Jan Koller fehlt seit dem siebten Spieltag der vielleicht wichtigste Spieler, ein Mann, der pro Saison eine zweistellige Trefferquote garantierte. Nach und nach fielen mit Ricken, Brzenska und Dede drei weitere Stammspieler langfristig aus, zudem stand das Trio Metzelder, Kehl und Wörns letztmals am zehnten Spieltag gemeinsam auf dem Rasen. ""Mit Dede"", betont van Marwijk, ""fehlt seit Wochen einer der wichtigsten Spieler in der Defensive."" Die Viererkette läuft seit Anfang Oktober mit nur einer Ausnahme in stets wechselnder Besetzung auf - keinen dieser Wechsel nahm der Trainer ""freiwillig"" vor. ""Dann fehlt Kehl, dann fehlt Wörns, dann Metzelder, dann wieder Kehl, dann Wörns..."", zählt er auf und resümiert: ""Das ist zu viel gewesen."" Mit Blick auf die Rückrunde formuliert er: ""Wenn alle gesund bleiben, dann haben wir Zukunft. Man kann jedoch in zwei Monaten keine Top-Mannschaft erwarten. Wenn sie aber zusammen bleibt, wenn Kehl seinen Vertrag verlängert und wir im Sommer vielleicht einen oder zwei Spieler hinzuholen, dann..."" Der Satz bleibt unvollendet. Grundsätzlich sieht van Marwijk seine Mannschaft auf einem guten Weg, was die Jahrestabelle mit einem tollen fünften Platz auch in Zahlen manifestiert: ""Wir sind schon besser in der Lage, ein Spiel zu lesen und auszuloten, wo unsere Möglichkeiten liegen."" [B]Zahlen, Daten und Fakten zur Hinrunde[/B] Das ist klasse: 18 der 23 Saisontore erzielten Stürmer. Nur die Bremer Angreifer waren noch erfolgreicher. Der BVB hat, was die Verwertung der ""Großchancen"" betrifft, eine der besten Quoten in der Liga. Dank ""Flankengott"" Odonkor spielt kein Team stärker über die Außen. Das fiel auch auf: Der BVB traf acht Mal Pfosten oder Latte - allein gegen die Bayern verhinderte Alu zwei Dortmunder Tore. Das muss besser werden: Nur vier Tore nach einer Standardsituation werden nur vom VfB Stuttgart unterboten. 17 der 24 Gegentore fielen nach dem Seitenwechsel. Zehn davon in der Schlussviertelstunde. Van Marwijk sagt zu diesen Daten: ""Zu Saisonbeginn haben wir einige Gegentore durch Standards kassiert. Jetzt ist dieses Thema vergessen, und alle sprechen über die späten Gegentore. In der Rückrunde der vergangenen Saison gab es eine Serie mit vielen späten Toren für uns. Je mehr man über Statistiken redet, desto schwieriger wird es für die Spieler. Man kann sich selbst etwas einreden. Und man kann im Fußball nicht alles erklären. Man muss spontan bleiben.""