Dortmund erschüttert über Geisterbahn-Fußball

Die Geisterstunde war nahegerückt, da zog Sportdirektor Michael Zorc vom Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund ein vernichtendes Fazit nach dem 0:3-Geisterbahnspiel gegen den HSV. ""Unser Abstand vom HSV war von hier bis zum Mond"", zürnte der Fußball-Chef im Spielerbereich unter der Tribüne, nachdem die BVB-Versager mit gesenkten Köpfen wie schuldbewusst den Ort ihrer Leistungs-Verweigerung verlassen hatten. ""Wir haben uns die Butter vom Brot nehmen lassen"", stellte Zorc fest. Das Unheil habe er nach 40 Sekunden kommen sehen: ""Der HSV kämpft und wir spielen Hacke-Spitze-eins-zwei-drei"". In seinem Zorn stellte der Team-Verantwortliche fest, der HSV sei über die komplette Spielzeit in jeder Beziehung die bessere Mannschaft gewesen. ""Wir haben eine Vorführung bekommen, das ist ein schlimmer Tag für uns"", so der frühere BVB-Spieler. Einmal in Fahrt, zog Zorc weiter vom Leder. Kläglichen Fußball hatte er erkannt. ""Das geht von hinten los bis ganz nach vorn"", so der Sportdirektor: ""Das können wir uns nicht bieten lassen, das hatte mit Leistungssport nichts zu tun"". Die Konsequenzen für die Mannschaft sind begrenzt, denn da, wo es weh tut, kann der Klub nicht angreifen: am Geldbeutel. Kollektive Bußen sind nach Auskunft von Juristen nicht erlaubt. Also begrenzte sich die Strafe auf die verbale Ebene. ""Das kotzt mich total an , ich bin gnadenlos sauer"", wetterte AG-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. ""Es wird Zeit, der Mannschaft klarzumachen, dass es so nicht weitergeht"", fuhr er fort. Diese Anweisung richtete sich an die Adresse der sportlichen Leitung und den Trainer. Thomas Doll hatte seine erste ganz schwere Enttäuschung in Dortmund erlebt. ""Das tut weh, so kann man sich nicht präsentieren"", beklagte sich der Coach. Aber er betonte auch seine Distanz zu dem Team, das ihn in den 90 furchtbaren Minuten im Stich gelassen hatte. Dieses Debakel erinnerte an die unzumutbaren Vorstellungen in der Dortmunder Endzeit des Trainers Bert van Marwijk. Die Fans riefen nach Lars Ricken. ""Wer es einer Mannschaft so leicht macht, kann die Punkte gleich hinwerfen"", so das Fazit des Trainers. Von Berufs wegen muss der Fußball-Lehrer vor der Partie am Samstag gegen den Karlsruher SC auf Optimismus machen. ""So schlecht können wir uns nicht noch einmal präsentieren"", hat Thomas Doll versprochen. ""Wir müssen uns neu aufstellen"", hat er verlangt. Diese Ankündigung könnte Umstellungen bedeuten. So sind die Chancen von Robert Kovac auf Rückkehr in die Mannschaft gestiegen. Die Innenverteidiger Markus Brzenska und Christian Wörns boten in Berlin sowie gegen Hamburg unzumutbar schlechte Leistungen. Mit einem Duo in der Form kann man in der Bundesliga nicht bestehen. Von der Kritik kann man nur Roman Weidenfeller, Tinga, Florian Kringe, der nach der gelb-roten Karte beim KSC fehlen wird, sowie Mehmut Akgün ausnehmen. Der Rest der Mannschaft müsste ausgewechselt werden. Aber so viele Alternativen gibt es nicht, zumal Petric mit einem Faserriss zwei Wochen ausfällt.. Zu allem Überfluss hat sich eine Diskussion um Roman Weidenfeller gebildet, dessen 13 Gegentore aus vier Partien ein schlechtes Bild gegenüber dem in drei Auseinandersetzungsen ohne Gegentreffer gebliebenen Marc Ziegler abgeben. ""Roman spürt zum ersten Mal Druck, da muss er durch"", hat Thomas Doll gesagt. Doch Weidenfellers Nervenkostüm ist angeschlagen. Seine technischen Schwächen werden deutlicher. Die Fans haben begonnen, dem Schlussmann Nummer eins den Rückhalt zu versagen. Zumal Weidenfeller kein Gespür dafür entwickelt, wann er ein Spiel schnell machen muss. Auch landen seine Abschläge überwiegend beim Gegner. ""Ich denke"", sinnierte der Trainer, ""dass Roman mit der Situation umgehen kann"". Vielleicht steht Weidenfeller die persönliche Geisterstunde noch bevor.