Van Marwijk: Dicke Luft beim BVB

Zur Spurensuche trafen sich Geschäftsführer, Sportdirektor und Trainer. Hans-Joachim Watzke (47), Michael Zorc (44) und Bert van Marwijk (54). Über eine ""schonungslose Analyse"" referierte Watzke im Anschluss an das samstägliche Treffen, die Atmosphäre bei dem kurzfristig einberufenen Gipfeltreffen fasste er als ""offen, konstruktiv und teilweise kontrovers"" zusammen. Spätestens seit dieser Elefantenrunde ist klar: Der Ton in Dortmund wird rauer. Sowohl in der Chefetage wie auch in der mit einer gehörigen Portion Leidensfähigkeit ausgestatteten Fangemeinde wächst der Unmut über erbärmliche Auftritte, wie den in der zweiten Hälfte am Freitag, über Schlafwagenfußball, rätselhaftes Phlegma, über ausbleibende Fortschritte im spielerischen Bereich und gepflegtes Chaos auf dem Platz. Da sich ähnliche Symptome schon in Mönchengladbach und zuvor in Thannhausen (Pokal) zeigten und ehrgeizige Saisonziele (Platz 5) im Vollwaschgang erst einmal auf ein kleineres Format geschrumpft sind, fassen die Bosse nach. Der Zustand der Mannschaft schreckt sie auf. Weil dabei auch der bisher sakrosankte van Marwijk die gestiegene Erwartungshaltung deutlich zu spüren bekommt, herrschte dicke Luft beim BVB. Obwohl die drei Teilnehmer der Elefantenrunde über Inhalte Stillschweigen vereinbarten, kristallisierten sich wohl zwei Problemfelder heraus: Die Fitness: Nachdem Kapitän Christian Wörns (34) eingeräumt hatte, verschiedene Spieler seien gegen Hannover ""platt"" gewesen, tobt eine Diskussion über den körperlichen Zustand der Mannschaft. Van Marwijk hält diese Debatte für überflüssig, man könne sich ""auch Probleme suchen, wo keine sind"", erklärte er am Sonntag gegenüber dem kicker. Auf keinen Fall beanspruche er die Spieler in zu geringem Maße, im Gegenteil, jetzt will er von ihnen hören, ob er ""eventuell zu intensiv"" mit ihnen arbeite. Rückendeckung erhält van Marwijk von seinem Kapitän. ""Die Mannschaft ist bestimmt nicht untertrainiert"", beteuert Wörns, auch er will sich im Kollegenkreis umhören, ""aber bisher"", sagt er, ""gab es noch kein Feedback auf die Frage, warum sich einige schlecht fühlen."" Über einen Kamm lassen sich die BVB-Stars ohnehin nicht scheren. Während Wörns Vitalität bis ins hohe (Fußball-) Alter vorlebt, steht als derzeit anderes Extrem Florian Kringe (24), ""normalerweise der Fitteste"", wie van Marwijk hervorhebt, neben sich. Womöglich könnten Spieler wie er (oder Tinga und Frei, die die Umstellung auf die veränderten Bedingungen nur mühsam vollziehen), von einer stärkeren Individualisierung des Trainings profitieren. Das System: Im Gegensatz zu van Marwijk, für den der Wechsel zum 4-4-2-System mit Raute ""schon ganz gut geklappt"" hat, gewinnen manche Betrachter angesichts von Löchern, durch die man ganze Viehherden treiben könnte, den Eindruck, dass noch erheblicher Erklärungsbedarf bei der Vermittlung des neuen taktischen Konzeptes besteht. ""Wir standen am Freitag unheimlich weit auseinander, in der Breite wie in der Länge"", bemerkt Zorc. Dortmund habe ""unheimlich schlecht verteidigt"", räumt van Marwijk ein, ""trotzdem haben wir kein strukturelles Problem"". Negativ ins Gewicht fällt sicher, dass in dem völlig neu zusammengesetzten Dortmunder Mittelfeld kaum Kommunikation stattfindet. Tinga spricht nur Portugiesisch, Pienaar nur Englisch. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Verständigung auf dem Platz. ""Mit Sebastian Kehl fehlt uns der entscheidende Kommunikator"", betont Präsident Dr. Rauball (59).