Abschied von einem Königlichen

Noch einmal im Schatten des Stadions. Ein letztes Mal für lange. Die quietschgelben Pylone des Signal Iduna Parks leuchteten warm in der rot glühenden Abendsonne, als das Fan-Projekt Dortmund am Freitag Christoph Metzelder verabschiedete. Noch einmal Bratwurst, Bier und bodenständig. Der Hauptdarsteller in verwaschener Jeans mit teuren Löchern und luftigen Flip-Flops. Seine Fans im schwarzgelben Trauerflor. ""Kasche"" Kartner sang ""Youïll Never Walk Alone"". Schals schaukelten dazu. Tränen flossen. 1995 Flemming Povlsen. 2002 Jürgen Kohler. Nun also Metze. Erst als dritter BVB-Profi erhielt der Verteidiger den Ritterschlag eines solchen Abschieds. Weil er, so Thilo Danielsmeyer vom Fan-Projekt, ""immer für uns da war. Weil wir ihn immer und um alles bitten konnten und uns nicht ein einziges Mal eine Absage eingehandelt haben"". Danielsmeyer hatte sich fein gemacht für den feierlichen Anlass. Nadelstreifenanzug. Dazu ein ""Aki & Metze""-T-Shirt. BVB-Legende Aki Schmidt und Christoph Metzelder als Karikaturen. Dortmunds Maskottchen für die WM 2006. Eine von vielen Aktionen, für die sich der jetzt 26-jährige sofort und gerne zur Verfügung stellte. So, wie er sich für den Verein ""Roter Keil"" einsetzte, der gegen Kinderprostitution kämpft. Und für ""kick against racism"", eine Initiative gegen Rassismus. Und für ein Projekt der katholischen Kirche zur Prävention von Überschuldung unter Jugendlichen. Und für... Man könnte die Liste fast beliebig fortsetzen. Lang und länger würde sie. So lang, dass manche Mitspieler beizeiten mäkelten, Metze möge sich doch wieder auf das Wesentliche konzentrieren. So lang, dass er Gefahr lief, zum schwarzgelben Grüß-August zu werden. So lang, dass selbst Borussias Pressesprecher Josef Schneck ihm irgendwann riet: ""Machï halblang. Du musst lernen, auch mal nein zu sagen!"" Mag sein, dass Metzelder es übertrieben hat. Die Wahrheit aber ist: Borussia Dortmund hatte in den vergangenen Jahren keinen besseren Repräsentanten als ihn. Ob bei der Papst-Audienz in Rom oder beim Fanclub-Treffen im Hochsauerland. Metze meisterte jede Situation souverän. Er wurde zur Ikone der Anhänger, weil er ihnen glaubwürdig die schöne Illusion vermittelte, Fußball-Profis seien Leute wie du und ich. Christoph Metzelder: Mit 19 der Wechsel vom Regionalligisten Preußen Münster zum BVB. Deutscher Meister mit 21. Im selben Jahr Vize-Weltmeister. Dann die schwere Verletzung. Ein fast zweijähriger Leidensweg auf dem ganz schmalen Grat zur Sportinvalidität. Das Comeback. WM-Dritter im eigenen Land. Dieser Adrenalin-trunkene Ritt durch ein schwarz-rot-geiles Fahnenmeer. Deutschland - ein Sommermärchen. Metzelder - ein Fußballmärchen. Die Fans werden ihn vermissen. Fans wie Katharina, die zum Abschied hemmungslos schluchzte. Zwei Poster ließ sich die 13-Jährige signieren. Und einen einfachen Notizzettel. ""Für Katharina, Dein Christoph Metzelder"". Den will sie sich einrahmen. ""Der kommt über mein Bett"", sagte der Teenager und wischte sich mit den Tränen auch den Kajalstift aus den Augen. Oder Fans wie David Fichtner, der aus Herten anreiste, um Sohn Lennox (2) mit Metze zu fotografieren. Auch den winzigen Turnschuh des Kleinen signierte der Nationalspieler. Tragen darf Lennox die Treter nicht mehr. ""Die kommen in die Vitrine"", sagte der Papa. Und nun: Real Madrid. Die Königlichen. Ein Klub jenseits des Geldes. Der Junge aus Haltern in der Hauptstadt der Fußball-Kunstwelt. ""Bisher hatte ich meine Familie und meine Freunde immer in der Nähe"", sagt Metzelder. ""Jetzt gehe ich alleine mit meinen Koffern ins Ausland. Das ist eine gewaltige Herausforderung."" Er wird sie meistern. Sportlich vielleicht. Menschlich bestimmt.